Eric Grenet (links) und Edoardo Franzi erhielten den CSEM Inventor Award 2024 für ihre Erfindung der 'Spacecoder-Technologie' (© CSEM)

Wo Licht ist, findet sich auch Schatten – ein Umstand, den sich Forschende des CSEM (Centre Suisse d’Electronique et de Microtechnique) mit Hauptsitz in Neuenburg auf innovative Art und Weise zunutze machen. Mit der sogenannten "Spacecoder"-Technologie haben sie ein ausgeklügeltes System entwickelt, das massgeschneiderte Algorithmen und einen optischen Sensor verwendet, der das Licht registriert, das durch eine speziell angefertigte Schattenmaske fällt. Wenn also ein Objekt vor dem Sensor positioniert wird, kann er die Position einer Lichtquelle im Raum anhand der Schatten, die sie wirft, genau bestimmen.

Dieses raffinierte Verfahren ermöglicht ein extrem präzises Vermessen von beleuchteten Objekten. "Wir bewegen uns hier auf der nanometrischen Ebene, sprich, auf der Grössenordnung eines Tausendstel eines Tausendstel-Millimeters", erläutert Andrea Dunbar, Business Developer Data und AI am CSEM.

Die CSEM-Forscher Eric Grenet und Edoardo Franzi waren die federführenden Erfinder der Technologie und legten bereits 2010 mit dem Originalpatent den Grundstein für diese technische Errungenschaft. Seitdem haben Grenet und seine Mitforschenden in Dunbars Team die Spacecoder-Technologie durch kontinuierliche Forschung und Entwicklung verfeinert und für den Praxiseinsatz optimiert.

Heute ist der Sensor kaum grösser als ein Stück Würfelzucker und bietet nebst enormer Messpräzision auch erstklassige Verlässlichkeit bei geringen Kosten, da auf teure Komponenten wie optische Linsen verzichtet werden kann. Dementsprechend birgt die schattenbasierte Messtechnik für diverse Branchen enormes Potenzial: "Wir durften im Rahmen verschiedener Projekte bereits spannende Anwendungen im Bereich der Präzisionsmaschinen sowie im Medtech-Sektor durchführen", erläutert Dunbar.

So lässt sich etwa dank der Spacecoder-Technologie ein Patientenknie vor einer Operation exakt ausmessen, was für den Einsatz eines künstlichen Kniegelenks essenziell ist. Künftig könnte die Technologie auch bei minimalinvasiven Operationen zum Einsatz kommen, indem sie die Position von robotergesteuerten Instrumenten in Echtzeit dreidimensional erfasst. Auf diese Weise liesse sich die chirurgische Präzision noch weiter erhöhen. Auch in anderen Sektoren könnte sich der Ansatz als ausschlaggebend erweisen: etwa für Anwendungen im Schienenverkehr, da sich mit der Technologie der Schienenverlauf ideal kontrollieren lässt.

Je nach Branche und Anwendungsfeld beträgt das wirtschaftliche Potenzial dieser Methodik mehrere Milliarden Schweizer Franken. Aufgrund dieser Zukunftsaussichten sowie der Anwendungsmöglichkeiten wurden Eric Grenet und Edoardo Franzi, welche damals zusammen mit David Hasler und Peter Masa die Spacecoder-Technologie erfunden haben, nun mit dem "CSEM Inventor Award 2024" ausgezeichnet. Damit wolle das Technologie-Innovationszentrum auch hervorheben, wie entscheidend es sei, visionäre Ideen nicht nur zu finden – sondern diese auch weiterzudenken und weiterzuentwickeln. "Denn oftmals entfaltet sich das volle Potenzial einer Idee oder eines Patents erst mit der Zeit, wenn man ausreichende Use Cases entwickeln konnte", erklärt Dunbar. Die Spacecoder-Technologie sei dafür ein Paradebeispiel und stehe sinnbildlich für den Auftrag des CSEM, praxistaugliche und innovative Lösungen zu entwickeln, die den schweizerischen Werkplatz voranbringen.