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Unabhängig von allen Konjunkturwolken treiben die von Sozialen Netzen und der mobilen Kommunikation produzierten Datenberge den Bedarf nach IT-Infrastrukturen unaufhaltsam voran. Wie Francisco Esteban Alvarez, Vice President IT-& Power Consultation-Business Switzerland von Schneider Electric IT Switzerland AG (APC by Schneider Electric), im Gespräch mit ICTkommunikation betont, steigt die Nachfrage nach Rechenzentrumsfläche unaufhaltsam weiter, und sein Unternehmen blickt vollbepackt mit Projekten in die Zukunft. Im Interview erläutert er, welche technischen und ökonomischen Faktoren im Bereich Data Center künftig bestimmend sind.

ICTkommunikation: "In letzter Zeit hat es in der Schweiz etliche Ankündigungen für den Bau neuer oder den Ausbau von bestehenden Data Centern gegeben. Den Voraussagen zufolge sollen für einen längeren Zeitraum jährlich 60.000 Quadratmeter an neuer Data Center Fläche gebaut werden. Können Sie dies als Landeschef eines grossen USV-Anbieters bestätigen? Woher resultiert dieser Boom?"

Francisco Esteban Alvarez: "Die Schweiz entwickelt sich zum Data Center Eldorado, nicht zuletzt weil die Schweiz weltweit als ein neutraler Staat gilt. In der Schweiz haben wir eine hervorragende Infrastruktur, ein stabiles politisches System und qualifizierte Mitarbeiter. Somit haben wir das Know-how und die optimalen Rahmenbedingungen für den effizienten Betrieb von Data Centern. Die Schweizer Energiekosten sind ca. 40 Prozent unter dem der EU-Länder. Dies hilft natürlich auch den Trend zu beschleunigen. Die Schweiz hat eine sehr hohe CO2 neutrale Energieversorgung. Dies hilft den Unternehmen ihre ökologische Verantwortung besser wahrzunehmen. CO2-Reduktion ist vor allem bei vielen grossen Firmen Teil der Unternehmensphilosophie geworden. Was früher der Standort Schweiz für die Banken bedeutete, wird in Zukunft die Schweiz im Data Center Umfeld werden. Daten benötigen eine besondere Sicherheit und sind in unserer Informationsgesellschaft von hohem Wert."

Wie kann APC by Schneider Electric an diesem Boom partizipieren? Wie sieht es aktuell im Schweizer Markt für USV aus? Läuft in diesem Bereich auch vieles über den Verdrängungswettbewerb, so wie dies in vielen anderen Sektoren auch der Fall ist?

Der reine USV-Markt ist hart umkämpft und wird zunehmend zur Commodity-Lösung. Wir sind deshalb unumstritten die Nummer 1, weil wir seit langem kein reiner USV-Hersteller mehr sind, sondern Lösungen im kompletten Data Center Umfeld anbieten. Die Kunden bekommen von uns Lösungen aus einer Hand. Die Komponenten sind aufeinander abgestimmt und eine Systemgarantie wird gewährleistet. Unsere Stärke liegt zudem in der ganzheitlichen Betreuung der Projekte. Zu viele Anbieter sind ein Risiko für jedes Projekt.

Bei den Data Centern spielt der Stromverbrauch eine grosse Rolle. Marktexperten glauben, dass aufgrund der letztjährigen Atomkatastrophe in Japan und den daran anschliessenden Atom-Ausstiegsszenarien in Zukunft mit einem deutlich höheren Strompreis zu rechnen sei. Wie wird sich dieser Aspekt auf den Bau von Data Centern auswirken?

Dieser Aspekt hilft uns sogar. Alle Data-Center-Betreiber stehen schon heute unter einem enormen Kostendruck, ihre Infrastruktur effizienter und somit kostengünstiger zu betreiben, den Platz besser zu nutzen und den PUE zu senken (Power utilisation efficiency). Dies wird nur möglich sein, wenn man alle relevanten Daten des Data Centers und des Gebäudes kennt. Man muss wissen, wo wie viel Platz, Kühlleistung und Energie zur Verfügung stehen, um sein Data Center optimal zu nutzen. Eine DCIM Plattform (Data Center Infrastructure Management) ist unumgänglich. Als globaler Anbieter und Marktführer in Energy Management haben wir als Schneider Electric eine Software-Plattform, die auch die Sicherheit, Zutrittskontrolle, Videoüberwachung, Gebäudetechnik sowie Gebäudeautomation in eine Plattform integriert. Struxureware ist hier unsere Antwort an die Anforderungen des Marktes. Einzigartig ist diese Lösung vor allem, weil sie einen holistischen Ansatz hat, welche früher diverse Plattformen benötigte und doch nicht aussagekräftig genug war. Mit Struxureware wissen wir auf Rack/Schrank-Ebene wie viel Kühlleistung, Power und Platz zur Verfügung stehen. Mit spezifischen Zusatzmodulen wie Data Center Operations Manager oder Data Center Change and Capacity Manager können wir diverse Szenarien simulieren. Bevor der Kunde eine Änderung vornimmt, sind die Auswirkungen im Vorfeld bekannt und können entsprechend für die Umsetzung berücksichtigt werden. Möchte ein Anwenderunternehmen z.B. 200 Server virtualisieren, kann er dieses Szenario simulieren und entsprechend planen.

Finden Sie, dass die Schweizer Unternehmen ihre IKT bereits ausreichend bei der Energieversorgung abgesichert haben bzw. wo gibt es Ihrer Meinung nach noch Nachholbedarf?

Ich denke schon, dass die Schweizer Unternehmen ihre IKT bei der Energieversorgung ausreichend abgesichert haben. Ausserdem haben alle Data-Center-Betreiber Service Level Agreements mit ihren Kunden, welche sie dazu verpflichten, eine bestimmte Sicherheit zu gewährleisten. Wenn die Unternehmen für diese Absicherung nicht vorgesorgt haben, so wissen sie zumindest, was ein Betriebsunterbruch im Falle des Eintretens kosten würde.

Von diesen wirtschaftlichen und stromspezifischen Faktoren einmal abgesehen: Befinden sich die Data Center nicht grundsätzlich in einem technologischen Wandel? Welches sind die wichtigsten Trends im Data Center Bau aus technologischer Sicht?

Vor allem die Dichte pro Quadratmeter hat sich vervielfacht. Plante man früher ein Data Center mit 500-800 Watt pro Quadratmeter, sind es heute 5-, 8- oder 20 KW pro Schrank. Heutige Server geben rund 99 Prozent der Energie als warme Luft in den Raum zurück. Effizientes und punktgenaues Kühlen ist ein wichtiges Thema geworden. Die Lasten sind heute sehr dynamisch, somit muss auch die Kühlung sich den Anforderungen anpassen und die Kühlleistung nach Bedarf geregelt werden.

Daran anschliessend: Sind in der nächsten Zeit im USV-Bereich bahnbrechende technologische Neuerungen zu erwarten?

Die bahnbrechenden Erfindungen wurden bereits in der Vergangenheit gemacht, z.B. skalierbare Systeme, die sich in verschiedenen Schritten anpassen lassen. Wir haben bereits einen Wirkungsgrad von über 97 Prozent erreicht, d.h. viel mehr ist da nicht zu machen. Für 1 Prozent mehr Wirkungsgrad müsste man unheimlich viel mehr investieren, was der Markt nicht bereit ist zu tun. Zusätzliche Intelligenz und Management Tools gibt es zwar, diese sind aber nicht bahnbrechend.

Baute man früher ein Data Center, so war dies häufig eine Investition für viele Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte. Wie sieht dies heute aus? Sind die Data Center heute kurzlebiger? Welche Rolle kommt dabei der Planung zu? Könnten Sie hier den Data-Center-Bauern einige konkrete Ratschläge mit auf den Weg geben?

Auch heute plant und baut man ein Data Center, um es 12-15 Jahre zu betreiben. Jedoch haben sich die Anforderungen massiv geändert. Das heutige Data Center muss skalierbar sein, um sich den ständig ändernden Anforderungen anpassen zu können. Die Infrastruktur muss in der Regel 3 bis 5 Servergenerationen überleben. Wie die Server jedoch in 10 Jahren aussehen werden, wissen wir heute schlichtweg nicht. Deshalb ist es umso wichtiger auf alles, was zukünftig kommen wird, vorbereitet zu sein. Um dies zu gewährleisten, bauen wir heute die Data Center wie aus einem Lego- Bausatz. Viele verschiedene Produkte die aufeinander abgestimmt sind, jedoch jederzeit durch andere Bausatzteile ersetzt oder ergänzt werden können.

Data Center sind überaus komplex und dementsprechend auch schwer zu verwalten. APC by Schneider Electric verfügt mit „Struxureware for Datacenters 7.0“ über eine Verwaltungssoftware, die laut Angaben Ihres Unternehmens viel verspricht. Was kann diese Software konkret? Wie sieht es mit dem Zusammenspiel über das Data Center hinaus auch mit dem Facility Management aus?

Die Suite “Struxureware for Data Centers” ist eine Kombination aus Softwarewerkzeugen für “Data Center Infrastructure Management” (DCIM) und “Data Center Facility Management” (DCFM) von Schneider Electric. Die komplette Suite bietet Funktionen zur Datensammlung, Überwachung und Automation sowie zur Planung und Implementierung. Zusammen ergibt sich ein integrierter und vielseitiger Blick auf alle entscheidenden physischen Systeme des Data Centers.

„Struxureware Operations 7.0“ erhöht die Flexibilität und Skalierbarkeit der Suite „Struxureware for Data Centers“ und eignet sich damit für Data Center jeder Grösse. Die Unternehmenssoftware lässt sich sowohl auf physischen, als auch auf virtuellen Servern einsetzen. Zusätzlich bietet sie die Möglichkeit einer Cluster-Architektur, um das vom Endnutzer erwünschte Höchstmass an Verfügbarkeit und Redundanz zu erreichen. Eine weitere neue Funktion von „Struxureware Operations 7.0“ ist die Möglichkeit, jeden Data-Center-Standort weltweit genauer in den Blick zu nehmen und detaillierte Echtzeit-Berichte zu Kapazität und Alarmen jedes einzelnen Standorts innerhalb eines Data Centers zu beziehen. Ausserdem haben Nutzer die Möglichkeit, über eine revolutionäre Darstellung des Luftstroms von Data Center jeder Art mit Hilfe von 3D-Computational Fluid Dynamics (CFD) thermische Probleme zu verhindern oder schnell und effizient zu lösen.

Diese Softwareplattform bietet eine Gesamtschau über alle vitalen Funktionen wie Energieeffizienz, Hot Spots, Luftfeuchtigkeit oder Sicherheit. Data-Center-Manager sind mit diesem Werkzeug in der Lage, ihre IKT-Infrastrukur jederzeit und von überall her proaktiv zu managen, statt nur zu reagieren, wenn es bereits kritisch wird.

Die Nutzer von „Struxureware Operations 7.0“ kommen nicht nur in den Genuss dieser neuen Funktionen, sondern können weiterhin von den Vorteilen der älteren Plattform „Infrastruxure Operations 6.2“ profitieren. Zu diesen gehören eine Reihe von optionalen Zusatzmodulen für spezielle Nutzeranforderungen wie zum Beispiel:
- Capacity: Simulation, Planung und Optimierung von Infrastrukturen für eine optimale Dimensionierung von Data Center
- Change: Voll integriertes Workflow-Management für die physische IT-Infrastruktur
- Energy Efficiency: Intelligente PUE-Analyse auf der Ebene von Subsystemen
- Energy Cost: Sofortiger Überblick über den Energieverbrauch auf Rack-Ebene
- Insight: Leistungsfähiges Werkzeug für massgeschneiderte Berichte zur Visualisierung von Daten
- Dashboard: Live-Überblick über den Betrieb von Data Center mittels Widgets und Data Sets
- Mobile: Drahtlose Steuerung Ihres Data Centers mit Echtzeit-Verfolgung von zusätzlichen, neu positionierten oder ausgetauschten Geräten
- Vizor: Mobiler Zugriff über Smartphones und Tablet-Computer

Handelt es sich bei „Struxure Ware for Datacenters 7.0“ um ein völlig offenes System, in das sich auch die Produkte anderer Hersteller einfügen und orchestrieren lassen?

Ja, gerade weil es sich um ein offenes System handelt, ist unsere Lösung so revolutionär. Alle Fremdprodukte, die eine standartisierte Schnittestelle haben, lassen sich in unser System integrieren und managen.

Wenn man ein Data Center optimal mit den neuesten technischen Hilfsmittel plant und baut: wie viel kann man damit konkret im Vergleich zu älteren Anlagen einsparen?

Geht man davon aus dass früher Data Center mit einem PUE von 2 bis 2.5 geplant wurden, sind wir heute in der Lage, ein Data Center mit einem PUE von 1.3 bis 1.5 zu bauen. Das sind Energieeinsparungen von bis zu 50 Prozent. Auch bei neueren Data Centern erreichen wir in der Regel noch Einsparungen von 15-30 Prozent.

In welche Produktvarianten und Lösungen geht momentan der Hauptanteil der Entwicklungsbudgets von APC by Schneider Electric? Mit welchen neuen Produkten kann man in den nächsten 12 Monaten rechnen?

Schneider Electric investieren ca. 5 Prozent des Umsatzes in Forschung und Entwicklung neuer Produkte. Zurzeit fokussieren wir sehr stark auf Management Plattformen wie „Struxureware“, aber auch leistungsfähigere Kühlsysteme werden entwickelt und bald auf den Markt kommen.

Sind die oben angestellten Überlegungen zum Data Center nur für Grossunternehmen relevant oder haben Sie auch KMUs auf Ihrer Kundenliste? In wieweit spielen Data Center auch für KMUs eine Rolle?

Bei den Grossunternehmen ist der Kostendruck der Treiber. Auch wenn der Outsourcing-Trend weitergeht, betreiben viele KMUs ihre Data Center immer noch selbst. Und gerade die KMUs profitieren von unserer Lösung am meisten, da sie in der Regel überhaupt keine oder nur eine sehr beschränkte Management Plattform für das Data Center im Einsatz haben. Hier ist der Nachholbedarf am grössten.

Wie sind Sie mit dem aktuellen Geschäftsverlauf in der Schweiz zufrieden?

Wir sind in den letzten Jahren sehr stark gewachsen und der Trend lässt nicht nach…

Werden die dunklen Wolken am Konjunkturhimmel zu einem Investitionsrückgang im Bereich Data Center und USV führen? Was erwarten Sie sich für das noch relativ junge Jahr 2012?

Wir haben eine volle Pipeline an Projekten, die heuer und nächstes Jahr realisiert werden sollten. Ich denke nicht, dass geplante Data-Center-Projekte gestrichen werden, auch nicht wenn die Konjunktur schwächer wird. Die Gründe sind vielseitig: Was geplant ist, wird in der Regel auch realisiert, da die Gelder gesprochen sind. Ist die Virtualisierung geplant, muss die Infrastruktur den Anforderungen gerecht werden. Und der Bedarf an Data-Center-Fläche steigt nach wie vor. Wir sollten diesen Trend nutzen, um die Schweiz als technologisch führendes Data Center Land weiter stärken.

ZUR PERSON
Francisco Alvarez ist seit September 2011 Vice President Power Consultation von Schneider Electric (Schweiz) AG und seit 2007 Vice President IT Business Schweiz von APC by Schneider Electric (Schneider Electric IT Switzerland AG). Zuvor war er seit 2004 in verschiedenen Führungsfunktionen bei APC tätig: als Country General Manager Switzerland & Israel, als Country Sales Manager Switzerland & Austria und als Teamleader SMB & Enterprise Sales Group. In dieser Zeit gestaltete Alvarez den Aufbau und die Neuorganisation internationaler APC-Niederlassungen massgeblich mit.

Vor seinem Einstieg bei APC war Alvarez rund zehn Jahre als CEO und Vorstandsmitglied bei einem mittelständischen Schweizer IT-Unternehmen tätig. Daneben unterrichtete er an der Gewerblich-Industriellen Berufsschule Bern in der Abteilung für Informations- und Energietechnik.

Francisco Alvarez ist Betriebswirt IFKS und ausgebildeter Audio-Video-Elektroniker. Er ist verheiratet, hat zwei Kinder und verbringt seine Freizeit am liebsten mit Sport in der freien Natur.

ZUR FIRMA
Die Schneider Electric IT Switzerland AG (APC by Schneider Electric) ist auf Critical Power & Cooling Services ausgerichtet und bietet Kunden aus Industrie, mittelständischen und grossen Unternehmen wie auch aus dem Privatbereich leistungsstarke und innovative Software, Systeme und Lösungen für IT- und Prozessanwendungen. Durch das breite Netzwerk von Schneider Electric IT Switzerland AG werden dem Kunden exakt geplante, einwandfrei installierte und gewartete Lösungen über den ganzen Lebenszyklus hinweg geliefert. 2007 haben sich APC und MGE UPS Systems zum Bereich Critical Power & Cooling Services von Schneider Electric zusammengeschlossen. Dieser erwirschaftete im Jahr 2010 weltweit einen Umsatz in Höhe von 2,6 Milliarden Euro. Zu den Produkten des Unternehmens gehören Lösungen zur unterbrechungsfreien Stromversorgung (USV), energieeffiziente Präzisionskühlungsgeräte, Rack-Systeme, Sicherheits- und Überwachungssoftware für die physikalische Infrastruktur sowie Design- und Managementsoftware.
www.apc.com/ch

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Interview des Monats mit Francisco Esteban Alvarez, Schneider Electric IT Switzerland AG (APC by Schneider Electric), Vice President IT-& Power Consultation-Business Switzerland (Alle Fotos: Markus Zitt/ ICTkommunikation)
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