Selfie: Das ist oft viel mehr als nur ein schnelles Foto (Foto: pixabay.com, Luis Wilker)

Laut Tobias Schneider von der Universität Bamberg fehlt bei Selfies eine eindeutige wissenschaftliche Klassifizierung der verschiedenen Arten. Frühere Studien haben als Ziele von Selfies bereits Selbstdarstellung, Dokumentation und Performance nachgewiesen. Für die aktuelle Studie wurden Personen ersucht, ihren ersten Eindruck von einem Sample von Selfies zu beschreiben. Diese Assoziationen konnten dann gesammelt werden, um zu erarbeiten, wie verschiedene Arten von Selfies von den Betrachtern verstanden werden.

Laut Seniorautor Claus-Christian Carbon vernachlässigen die meisten Untersuchungen die assoziativen Faktoren, die Menschen beim Betrachten durch den Kopf gehen. Die Forscher haben ihren Testdatenbestand aus der Selfie-Datenbank Selfiecity erstellt. Nur Selbstporträts ohne Text, aufgenommen von einer Handy-Kamera, wurden ausgewählt. Die verbleibenden 1.001 Selfies wurden in einer Standardgrösse vor einem grauen Hintergrund präsentiert.

In der Folge wurden online 132 Teilnehmer rekrutiert. Per Algorithmus wurden nach dem Zufallsprinzip 15 Selfies für jeden Teilnehmer zur Ansicht ausgewählt. Dabei wurde sichergestellt, dass jedes Selfie von ungefähr der gleichen Anzahl von Personen gesehen und dass jedem Teilnehmer auch eine Vielfalt an Selfies gezeigt wurde. In fünf Textfeldern pro Selfie konnten die Teilnehmer dann ihre spontanen Reaktionen niederschreiben.

Schneider und Carbon haben diese Daten dann in 26 Kategorien verarbeitet. Dazu gehören zum Beispiel, auf die eigene Stimmung bezogene Kommentare zur Stimmung der Person, die das Foto gemacht hatte. Die Forscher analysierten dann, wie häufig diese Kategorien in den Antworten auftauchten und ob sie gemeinsam nachgewiesen werden konnten.

Die Cluster-Analyse hat fünf verschiedene Cluster an Kategorien identifiziert, sogenannte "semantische Profile". Das grösste Profil wurde als "Ästhetik" bezeichnet. Dabei handelt es sich um Fotos, die Stil oder ästhetische Erfahrungen zeigen. Sehr knapp darauf folgt "Fantasie", also Fotos, die die Teilnehmer dazu gebracht haben sich vorzustellen, wo das Selfie gemacht wurde oder was die dargestellten Personen machten.

Als nächstes kam "Charakteristik", also Fotos, die mit der Persönlichkeit in Zusammenhang stehen. Weniger beliebt, aber noch immer wichtig, ist laut den Wissenschaftlern der Cluster "Zustand". Hier geht es um Stimmung oder Atmosphäre. Bei der "Theory of Mind" schliesslich werden Annahmen über die Motive des Fotografierenden oder seine Identität angestellt, heisst es.

Jeder Cluster weist zudem eine enge Verbindung mit verschiedenen Kategorien der ersten Eindrücke der Teilnehmer auf. Das legt nahe, dass diese Personen eine visuelle Sprache wahrnehmen, die Menschen dazu verwenden, verschiedene Aspekte des eigenen Selbst zu kommunizieren. Dabei kann es sich um eine schreckliche Laune oder ein grossartiges Outfit handeln.

Schneider zufolge weist diese Studie auch nach, wie wirkungsvoll Selfies in Bezug auf die Kommunikation sein können. Die Forscher weisen jedoch auch darauf hin, dass diese semantischen Profile nicht weltweit gleich ausgedrückt oder verstanden werden können. Die Forschungsergebnisse wurden in "Frontiers in Communication" veröffentlicht.