Hauptangeklagter Markus Braun (Bild: Wikipedia/Leo Molatore, CC BY-SA 3.0)

Beim Monsterprozess zum Wirecard-Skandal in München geht es turbulent zu. Der Verteidiger des angeklagten Ex-Wirecard-Chefs Markus Braun setzte heute zu einem Rundumschlag an und versuchte die Glaubwürdigkeit des Kronzeugen der Staatsanwaltschaft zu erschüttern. Konkret griff Rechtsanwalt Alfred Dierlamm den ehemaligen Statthalter von Wirecard in Dubai, Oliver Bellenhaus, heute vor dem Landgericht München frontal an. Nicht sein Mandant, der 53-jährige angeklagte Österreicher, habe die Bilanzen gefälscht und milliardenschwere Scheingeschäfte bis zur Pleite des Börsenlieblings gemacht habe, sondern es sei der Kronzeuge gewesen, der diese krummen Dinger gedreht habe. Die Aussagen von Bellenhaus gegenüber der Staatsanwaltschaft seien alles andere als glaubwürdig und zudem auch unplausibel.

Dierlamm: "Bellenhaus ist Haupttäter einer Bande", deren alleiniges Ziel es gewesen sei, Gelder aus dem Unternehmen herauszuleiten und zu veruntreuen. Braun sei seit der Insolvenz von Wirecard im Juni 2020 vorverurteilt worden wie kein anderer seiner Mandanten in 30 Jahren, betonte der Anwalt. Braun habe bis zum Schluss an seinen Aktien festgehalten und selbst die Wirtschaftsprüfung durch die KPMG veranlasst. Und das Geschäft mit Drittpartner habe - anders als vom Kronzeugen behauptet - existiert. Bis 2020 seien Einzahlungen in Höhe von 1 Milliarde (!) Euro dokumentiert - an vier von Bellenhaus kontrollierte Firmen seien 750 Millionen geflossen. Für den Braun-Verteidiger ist Bellenhaus daher weniger Kronzeuge als vielmehr Täter.

Auch das Oberlandesgericht, das für die Untersuchungshaft von Braun verantwortlich war, und der Wirecard-Untersuchungsausschuss des deutschen Bundestags seien der Falschaussage von Bellenhaus aufgesessen, hebt Dierlamm hervor. Und er kündigte einen Antrag an, den Betrugsprozess gegen seinen Mandanten sowie Bellenhaus und den ehemaligen Chefbuchhalter von Wirecard, Stephan von Erffa, auszusetzen. Er brauche mehr Zeit für die Prüfung dessen, "was uns auf den Tisch geschüttet wurde an Akten". Braun sehe sich deshalb derzeit nicht in der Lage auszusagen. Sein Mandant sei jedenfalls nicht der "Kopf der Band"“, der soll eher der flüchtige ehemalige Wirecard-Vorstand Jan Marsalek, ebenfalls Österreicher, sein. Denn dieser habe die Milliarden beiseite geschafft, so Dierlamm.