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Seit dem 12. Dezember 2011 werden Postings von US-amerikanischen Facebook-Usern automatisch nach politischen Kommentaren durchsucht. Ein Algorithmus zählt die Häufigkeit von Nennungen einzelner Politiker und beurteilt, ob es sich um positive oder negative Aussagen handelt.

Die Daten werden anonymisiert an das Politik-Nachrichten-Portal Politico weitergeleitet. Dort werden die Statistiken zur Erstellung von Meinungsbarometern für die Präsidentschaftswahlen 2012 verwendet. "Das ist eine nette Spielerei. Repräsentative Ergebnisse erhalten die Meinungsforscher auf diese Weise aber nicht", sagt Philipp Ikrath von TFactory.

Facebook hat in den USA laut Schätzungen etwa 160 Millionen Anwender. Bei den vergangenen Präsidentschaftswahlen haben lediglich 131 Millionen US-Amerikaner gewählt. Trotz der enormen Nutzerzahlen sind Prognosen auf Basis von Facebook-Postings ungenau. Es ist zweifelhaft, ob die Facebook-User ein repräsentatives Abbild der Gesellschaft liefern. "Facebook ist nicht das bevorzugte Kommunikationsmittel für politische Inhalte. Viele Leute bringen ihre politische Orientierung nicht bei Facebook ein. Selbst wenn jeder Mensch einen Account hätte, wären repräsentative Aussagen ausgeschlossen", so Ikrath.

Trends lassen sich aus den Postings aber sehr wohl ableiten. "Welche Themen und Politiker bei den Leuten ankommen und diskutiert werden, kann man aus den Daten ablesen. Bei unverfänglichen Lifestyle-Themen, über die Leute offen in sozialen Netzwerken sprechen, ist es vielleicht möglich, belastbare Ergebnisse zu erhalten", sagt Ikrath. Je komplexer ein Thema, desto weniger ist den Ergebnissen von Facebook-Posting-Auswertungen zu trauen. Durch die Beliebtheit von Politico können die Facebook-Statistiken trotzdem den Ausgang der Wahl beeinflussen. "Jedes reichweitenstarke Medium kann Wahlentscheidungen beeinflussen. Ob die Facebook-Daten etwas ändern, ist fraglich", so Ikrath.

Facebook betont, dass selbst Facebook-Mitarbeiter keinen Zugriff auf die politischen Statements der User erhalten. Die Postings werden maschinell gescannt und anhand der verwendeten Adjektive als positiv oder negativ bewertet. Es ist das erste Mal, dass Facebook solche Daten auswertet und Dritten zur Verfügung stellt. "Das ist etwas anderes, als an einer Online-Umfrage teilzunehmen. Selbst wenn die User gefragt würden, wäre das problematisch. Denn viele User wissen nicht, was mit ihren Daten passiert", so Ikrath.

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