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Der Bundesrat will das Urheberrecht modernisieren. Unter anderem soll die Internet-Piraterie laut einer Aussendung dazu besser bekämpft werden, ohne dass dabei aber die Nutzer solcher Angebote kriminalisiert werden. Gleichzeitig sollen die gesetzlichen Bestimmungen an die neusten technologischen Entwicklungen angepasst werden.

Die Vorlage zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes (URG), die der Bundesrat am Freitag in die Vernehmlassung geschickt hat, orientiert sich an den Empfehlungen der Arbeitsgruppe zum Urheberrecht (AGUR12). Parallel zu dieser Vorlage wurden auch zwei Abkommen der Weltorganisation für geistiges Eigentum (Wipo) in die Vernehmlassung geschickt.

Die Vorlage zur Revision des URG berücksichtige in ausgewogener Weise die vielfältigen Interessen der Kulturschaffenden, der Kulturwirtschaft, der Nutzer von urheberrechtlich geschützten Werken sowie der Konsumentinnen und Konsumenten im Allgemeinen, schreibt der Bundesrat. Das Vernehmlassungsverfahren dauert bis zum 31. März 2016.

Die von Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga eingesetzte AGUR12 war sich laut der Mitteilung einig, dass gezielte Massnahmen gegen die Piraterie ergriffen werden sollen. Die Vorlage nehme dieses Anliegen auf. Die Massnahmen zur Pirateriebekämpfung sollen künftig dort erfolgen, wo sie am effizientesten sind, nämlich bei den Providern. Sie könnten rasch und gezielt handeln. Schweizer Hosting Provider sollen keine Piraterieplattformen beherbergen und bei Urheberrechtsverletzungen über ihre Server die betreffenden Inhalte rasch entfernen. Grosse, kommerzielle Piratenseiten werden allerdings oft bei Hosting Providern beherbergt, deren Sitz oder Standort sich im Ausland befindet oder deren Standort verschleiert ist. In diesen Fällen sollen die Schweizer Access Provider auf Anweisung der Behörden den Zugang sperren. Die Internetsperren seien dabei so auszugestalten, dass die gleichzeitige Sperrung rechtmässiger Inhalte ("Overblocking") möglichst vermieden werde. Im Gegenzug zu diesen neuen Pflichten sieht die Vorlage Haftungsbefreiungen für Provider vor. Sie sollen den Providern die für den Betrieb ihres Geschäfts erforderliche Rechtssicherheit geben.

Bei schwerwiegenden Urheberrechtsverletzungen über Peer-to-Peer-Netzwerke – zum Beispiel durch den Upload noch unveröffentlichter Filme – soll der Access Provider dem fehlbaren Nutzer künftig zwei aufklärende Hinweise zustellen, die ihn über die Rechtslage und die möglichen Folgen bei Nichtbeachtung informieren. Unternimmt der Nutzer trotz dieser Hinweise nichts, um die Urheberrechtsverletzungen zu stoppen, sollen die Gerichte befugt werden, dem Urheber die Identität des Nutzers bekannt zu geben, damit der Urheber zivilrechtlich gegen die unerlaubte Nutzung vorgehen könne. Ein Strafverfahren, wie dies heute vorgesehen ist, sei dann nicht mehr nötig. Die Vorlage führe also nicht zu einer Kriminalisierung der Nutzer, zumal es auch bei der bestehenden Rechtslage bleibt, wonach der Download für den rein privaten Gebrauch erlaubt ist.

Die Digitalisierung hat Internetfernsehen, Streamingdienste und weitere neue Dienstleistungen geschaffen. Die Vorlage schaffe nun Voraussetzungen dafür, dass neuartige Angebote den KonsumentInnen auch in Zukunft rasch und legal zur Verfügung gestellt werden könnten (freiwillige Kollektivverwertung, international bekannt als erweiterte Kollektivlizenz). KonsumentInnen sollen zudem künftig nicht mehr doppelt zahlen, die Leerträgervergütung – beim Kauf eines Handys oder eines Tablets etwa – und für den Download von Inhalten. Die Vorlage stellt klar, dass der Umfang der Nutzungen von Bezahldiensten bei der Festsetzung der Leerträgervergütung mitzuberücksichtigen ist.

Schliesslich enthält die Vorlage weitere Neuerungen, um die Nutzung zu vereinfachen. Gleichzeitig soll die Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften strenger werden. Die Vorlage sieht zudem vor, dass Bibliotheken den Kulturschaffenden künftig für das Verleihen von Büchern etc. eine Vergütung zahlen.

Bei den beiden zu genehmigenden Verträgen handelt es sich um den Vertrag von Peking zum Schutz von audiovisuellen Darbietungen und um den Vertrag von Marrakesch zur Erleichterung des Zugangs zu veröffentlichten Werken für blinde, sehbehinderte oder sonst lesebehinderte Menschen. Der Vertrag von Peking verbessert auf internationaler Ebene die Situation für Schauspieler, indem er ihnen den gleichen Schutz wie Sängern und Musikern gewährt. Der Vertrag von Marrakesch erleichtert den Zugang zu veröffentlichten, urheberrechtlich geschützten Werken für Menschen mit Lesebehinderungen. Die Schweiz erfüllt laut Bundesrat die Anforderungen der beiden Abkommen bereits.