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Geht es nach dem kalifornischen Start-up Koozoo, sollten Smartphone-Nutzer ihre Altgeräte in Zukunft aufheben. Denn eine kostenlose App kann die Handys zu Webcams machen, die 24 Stunden am Tag Videos ins Web streamen.

"Koozoo ist die erste Plattform, die Live-Videos von öffentlichen Orten weltweit für jedermann leicht zugänglich macht", so Drew Sechrist, CEO und Mitgründer des Unternehmens. In San Francisco laufen bereits Beta-Tests, kommendes Jahr soll Koozoo dann breiter verfügbar werden. Ob Mitglieder des Koozoo-Netzwerks dann tatsächlich jederzeit Live-Bilder von für sie interessanten Orten rund um die Welt sehen können, ist aber fraglich. Immerhin läuft die Idee auf Crowdsourcing für Big Brother hinaus. "Innerhalb der EU ist das unvorstellbar - nicht nur moralisch-ethisch, sondern auch rechtlich", meint etwa Hans Zeger, Obmann der österreichischenn ARGE Daten.

24-Stunden-Überwachung

Das Koozoo-Team erhofft sich von seinem Ansatz eine Revolution, dank der Echtzeit-Videos öffentlicher Orte ebenso leicht zugänglich werden wie statische Bildinformation dank Googles Street View. Das soll schon recht kurzfristigen Nutzen bringen. "Ich kann sehen, ob es beim Café um die Ecke eine Warteschlange gibt und es vermeiden oder auf eine Flaute warten", meint Sechrist gegenüber Wired. Langfristig steht gar die Vision im Raum, dass das Video-Streaming-Netzwerk virtuelle Spaziergänge durch weit entfernte Städte wie Tokio ermöglicht, bei denen der User wirklich sieht, wie es dort genau in diesem Moment aussieht.

Was für manche verlockend klingen mag, ist zumindest in Europa aus Datenschutzgründen undenkbar. Gerade in Ländern, wo schon Street View auf gröberen Widerstand gestossen ist, wird Koozoo wohl auf unüberwindbare rechtliche Hürden stoßen. "Im Gegensatz zu Street View läuft das auf eine 24-Stunden-Überwachung des öffentlichen Raums hinaus", erklärt Zeger. Zwar dürften User in vielen Ländern mit so einer App sich selbst der Welt zur Schau stellen, eine Installation alter Smartphones als Webcams, die laufend den Park vor dem Haus ausspähen, wäre aber illegal. Das gelte vor allem für viele EU-Staaten.

Zuversichtliche Macher

Die Koozoo-Macher allerdings geben sich von ihrer Idee überzeugt. Schon jetzt können Nutzer in San Francisco sich für die Teilnahme an der geschlossenen Beta bewerben, wenn der Blick aus ihrem Heim- oder Bürofenster interessant ist. Aktuell hat das Unternehmen 2,5 Mio. Dollar von Investoren aufgestellt und plant, seine App bereits früh im Verlauf des Jahres 2013 breiter zugänglich zu machen.

CEO Sechrist zufolge hat Koozoo ein Team aus Informatikern und Datenschutz-Fachleuten zusammengestellt, das sicherstellen soll, dass das Projekt geordnet und auch legal abläuft. Letzteres aber könnte schwer werden. Nach Einschätzung des ARGE-Daten-Obmanns dürfte der Einsatz der App in dieser Form nicht einmal in den USA wirklich erlaubt sein.