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Der aktuelle HR-Report des Instituts für Beschäftigung und Employability (IBE), der in Zusammenarbeit mit dem Spezialistenrekrutierer Hays entstanden ist, macht deutlich, dass Frauen noch immer nicht die gleichen Entwicklungs- und Karriereperspektiven offenstehen wie ihren männlichen Kollegen. Oft hemmt die doppelte Herausforderung durch Beruf und Familie ihre Karriere.

Gastbeitrag von Frank Schabel, Head of Marketing/Corporate Communications bei der Hays AG

Der Frauenanteil in Führungspositionen in der Privatwirtschaft liegt derzeit zwischen 27 und 30 Prozent – ein Wert, der sich in den vergangenen Jahren nur leicht erhöht hat. Frauen befinden sich dabei überwiegend in den niedrigen Managementebenen in der Vorgesetztenrolle, während Toppositionen in den Vorständen der grossen Unternehmen nur zu rund 5 Prozent weiblich besetzt sind. Ebenfalls zeigt sich, dass Frauen nach der Vollendung des 35. Lebensjahrs deutlich seltener Führungsaufgaben wahrnehmen. Dies, obgleich eine Studienreihe des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) zeigt, dass heute 72 Prozent der befragten 21- bis 34-jährigen Frauen glauben, Frauen sei eine Karriere wichtig – verglichen mit nur 46 Prozent im Jahr 2007.

Gender-Diversität durch gezielte Massnahmen

Frauenförderung wird gerade in grösseren Unternehmen nicht selten im Zusammenhang mit dem sogenannten „Diversity Management“ thematisiert. Etwas mehr als 40 Prozent der Entscheider geben in der Studie des IBE an, Diversität habe eine grosse bzw. sehr grosse Bedeutung in ihrer Organisation. Bei differenzierter Befragung stellt sich heraus, dass sich die Arbeitgeber im deutschsprachigen Raum – im Gegensatz zu US-amerikanischen Firmen – überwiegend mit Gender- und Age-Diversität beschäftigen. Bezogen auf die Gender-Diversität kommt es darauf an, ein breites Spektrum von Massnahmen zu ergreifen, um Frauen und Männern gleichermassen Chancen und Perspektiven zu eröffnen. Dazu gehört neben der Verankerung der Thematik in der Geschäftsleitung und der Sensibilisierung für bestehende Klischees auch die Förderung der Akzeptanz aktiver Vaterschaft und von Biografien mit Unterbrüchen. Zudem bedarf es der Unterstützung bei der Vereinbarkeit von Beruf und Lebenssituationen und einer langfristig angelegten Karriereplanung und -entwicklung. Auf organisatorischer Ebene tragen flexible Arbeitszeitmodelle zur Förderung der Gender-Diversität ebenso bei wie Führungspositionen in (vollzeitnaher) Teilzeit und die Abkehr von einer Präsenzkultur am Arbeitsplatz. Weitere konkrete Massnahmen sind Wiedereinstiegsprogramme nach Auszeiten und die Unterstützung von Frauen zur Erlangung von Führungspositionen durch Mentorenprogramme. Die Abbildung 1 zeigt, welche fünf ausgewählten Instrumente zur Förderung der Gender-Diversität betriebliche Entscheider als besonders relevant erachten. Mit dieser Gewichtung wird die tatsächliche Umsetzung im eigenen Unternehmen verglichen.

Dabei stellt sich heraus, dass lediglich im Hinblick auf die flexiblen Arbeitszeitmodelle eine annähernd zufriedenstellende Umsetzung in den Unternehmen erfolgt. Bei der Unterstützung in bestimmten Lebenssituationen hingegen würden sich die Befragten offensichtlich mehr aktive Hilfe vom Arbeitgeber wünschen. Es erstaunt, dass sich Unternehmen mit zunehmender Grösse aus Deutschland intensiver mit Diversität auseinandersetzen und deutlich mehr Instrumente einsetzen als Unternehmen in der Schweiz und in Österreich.

Einführung einer fixen Quote für Chancengleichheit

Seit einiger Zeit wird darüber debattiert, eine fixe Quote zur Erhöhung des Anteils von Frauen in Führungspositionen einzuführen. Die Entscheider wurden gefragt, ob sie dies für ein geeignetes Instrument zur Erlangung von Chancengleichheit halten. Das Votum fällt eindeutig gegen eine Quote aus. Nur knapp 17 Prozent der Befragten messen einer fixen Quote eine grosse oder sehr grosse Bedeutung bei, wohingegen 63 Prozent angeben, sie habe eine geringe bzw. gar keine Bedeutung. Vertreter des öffentlichen Sektors stehen einer Quote jedoch etwas positiver gegenüber als jene aus dem Industrie- und Dienstleistungsbereich. Ebenso finden sich unter den deutschen Befragten mehr Befürworter als bei den Entscheidern aus Österreich und der Schweiz.

Karrierehindernisse, die Frauen bremsen

Mit einem Anteil von 41 Prozent geben die Befragten an, dass der Förderung der Frauen eine grosse bzw. sehr grosse Bedeutung zukommt. Geschlechtsspezifische Unterschiede im Antwortverhalten sind nicht zu erkennen. Mit steigender Unternehmensgrösse nimmt die Einschätzung der Bedeutung überproportional zu. Ebenso zeigt sich auch hier wieder, dass die Frauenförderung in Deutschland ein stärkeres Gewicht hat als in Österreich und der Schweiz. Dies spiegelt sich auch bei der Frage wider, ob geplant ist, den Anteil an Frauen in Führungspositionen zu steigern. Hier liegt der Zustimmungswert der Befragten aus der Schweiz bei nur 39 Prozent, während 63 Prozent der deutschen Entscheider mit Ja antworten.

Im öffentlichen Sektor ist das Bemühen um mehr Frauen in Führungspositionen deutlich stärker ausgeprägt als im Industrie- und Dienstleistungsbereich. Ebenso steigt es mit zunehmender Unternehmensgrösse erheblich an. In Betrieben mit weniger als 1000 Beschäftigten befürworten 41 Prozent die Frauenförderung, während in Unternehmen mit 1000 bis 4999 Mitarbeitern bis zu 64 Prozent und in Grossunternehmen mit mehr als 5000 Angestellten über 77 Prozent einer gezielten Frauenförderung zustimmen.

Auch wenn Frauenförderung in deutschen Unternehmen stärker betont wird, wissen die Entscheider aus Österreich und der Schweiz durchaus, welche Hindernisse einem höheren Anteil von Frauen in Fach- und Führungspositionen entgegenstehen.

Die mangelnde Vereinbarkeit von Berufs- und Familiensituation wird etwas stärker von den Entscheidern aus Industriebetrieben sowie aus Unternehmen mit mehr als 5000 Mitarbeitern wahrgenommen. Sie beklagen auch häufiger die geringe Akzeptanz durch Vorgesetzte und insgesamt fehlende Unterstützung in den Unternehmen. Die Führungskräfte aus dem HR-Bereich sowie Mitarbeiter ohne Führungsverantwortung wissen am ehesten, wie gross die Herausforderung ist, mehr Frauen in Fach- und Führungspositionen zu bringen.

Altersbezogen zeigen sich nur geringfügige Unterschiede. Im Geschlechtervergleich jedoch berichten die Frauen nahezu doppelt so oft wie ihre männlichen Kollegen von geringer Akzeptanz durch Vorgesetzte und Kollegen sowie fehlende Unterstützung in den Unternehmen. Ebenfalls deutlich häufiger geben sie klassische Rollenbilder und fehlende Kinderbetreuungsmöglichkeiten als Hindernisse an. Dieses Bild verändert sich auch nicht, wenn es um die Frage geht, was am stärksten zur Steigerung des Frauenanteils in Fach- und Führungspositionen beitragen könnte. Wiederum sind es die Frauen, die sich vor allem mehr Unterstützung, Akzeptanz und Verständnis wünschen, während beide Geschlechter gleichermassen die Verbesserung der Kinderbetreuungsmöglichkeiten und der Vereinbarkeit von Berufs- und Familiensituation einfordern.

Angestrebte Massnahmen zeigen Wirkung

Letztlich stellt sich die Frage, ob die bereits umgesetzten Massnahmen zur Frauenförderung zum gewünschten Ergebnis geführt haben. 52 Prozent und damit eine knappe Mehrheit der Entscheider bejahen diese Frage. Darunter finden sich mehr Männer (55 Prozent) als Frauen (47 Prozent), mehr Befragte aus dem öffentlichen Sektor (60 Prozent) als aus dem Dienstleistungsbereich (55 Prozent) und dem Industriesektor (44 Prozent) sowie mehr Deutsche (67 Prozent) als Österreicher (48 Prozent) und Schweizer (40 Prozent). Interessanterweise bewerten die unter 40-jährigen und die 40- bis 49-jährigen Entscheider mit einer Zustimmung von 40 bzw. 48 Prozent die bisherigen Massnahmen ihrer Unternehmen deutlich skeptischer als die über 50-Jährigen, die zu 59 Prozent vom Erfolg der Massnahmen überzeugt sind. Vertreter aus Betrieben mit weniger als 1000 Mitarbeitern, bei denen – wie gesehen – Frauenförderung eine eher untergeordnete Rolle spielt, sind dennoch zu 57 Prozent davon überzeugt, dass das gewünschte bzw. geplante Ergebnis bislang erreicht wurde – diese Meinung teilen nur 42 Prozent der Entscheider aus Unternehmen mit 1000 bis 4999 und 47 Prozent der Vertreter grosser Betriebe mit mehr als 5000 Beschäftigten.

Zur Studie
Der HR-Report 2013/14 wurde zum dritten Mal vom Institut für Beschäftigung und Employability (IBE) in Zusammenarbeit mit der Hays AG durchgeführt. Im Rahmen einer Online-Befragung wurden 550 Entscheider zu aktuellen HR-Themen befragt. Von den Teilnehmern waren 54 Prozent männlich und 45 Prozent weiblich. Dabei stammen 60 Prozent der Befragten aus Deutschland, 22 Prozent aus der Schweiz und 16 Prozent aus Österreich. Unter den Befragten sind 23 Prozent Vertreter der Unternehmensleitung, 29 Prozent sind Führungskräfte aus dem HR-Bereich, 28 Prozent Führungskräfte aus Fachabteilungen und 20 Prozent Mitarbeiter ohne Führungsverantwortung. Bezogen auf die Branchen sind 42 Prozent der befragten Entscheider dem Dienstleistungsbereich zuzuordnen, 40 Prozent kommen aus Industrieunternehmen und 18 Prozent aus dem öffentlichen Bereich.

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Abbildung 1: Instrumente, die besonders geeignet sind, um Gender-Diversität zu fördern, und ihre tatsächliche Umsetzung
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Abbildung 2: Hindernisse, die mehr Frauen in Fach- und Führungspositionen entgegenstehen
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Autor Frank Schabel, Head of Marketing/Corporate Communications bei der Hays AG