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Die goldenen Zeiten der Hotline-Anbieter sind vorbei. Das Wissenschaftliche Institut für Infrastruktur und Kommunikationsdienste (WIK) in Deutschland hat in einer neuen Studie für den Branchenverband VATM schon für das Jahr 2009 einen Rückgang von Umsätzen konstatiert.

Marktstruktur und Wettbewerb für Auskunfts- und Mehrwertdienste haben sich demnach in den vergangenen Jahren deutlich verändert. "Zu dieser Veränderung hat beigetragen, dass der Druck auf Marktteilnehmer im Telekom-Sektor gewachsen ist, Umsätze ausserhalb des klassischen Telefoniegeschäfts zu generieren", unterstreicht die WIK-Analyse.

Das Marktvolumen für sprachbasierte Servicedienste lag 2008 bei 1,9 Mrd. Euro gegenüber zwei Mrd. Euro, die jeweils 2006 und 2007 erzielt wurden. 2009 ist ein weiterer Rückgang auf nur noch 1,7 bis 1,8 Mrd. Euro eingetreten. Auch die Sprachdienste des Mobilfunks haben die Spitze ihrer Wachstumsphase im Kundenservice überschritten und pendeln sich bei einer Mrd. Euro ein. Auch das Hotline-Geschäft ist 2010 im Festnetz schwächer geworden und verschiebt sich in Richtung Mobilfunk, erläutert WIK-Studienautor Ralf G. Schäfer.

Als Hauptursache für die Einbrüche sieht der Fachmann vor allem die Substitution über Web-Angebote. Ein weiterer Schub werde durch den Siegeszug von Smartphones und Tablet-PCs ausgelöst. Die Herausforderungen für traditionelle Hotline-Anbieter wachsen, sagt Andreas Klug von der Brancheninitiative Contact Center Network. "Die Netzökonomie kann nicht mehr mit den veralteten Konzepten aus der analogen Welt bedient werden. Erst jetzt sehen wir die Effekte, die über das mobile Internet und über Apps losgetreten werden. Wir bekommen in Kombination mit Lokalisierung, Routing und KI eine ganz neue Generation von personalisierten Diensten", so Klug,

Schlaue Systeme gefragt

Laut Klug, der Mitglied der Geschäftsführung des Software-Spezialisten Ityx ist, kommt man mit 08/15-Skript-Lösungen im Call Center nicht mehr weiter. Gleiches gelte auch für die Automatisierung und Personalisierung. "Self Service hat nur Zukunft, wenn man von Maschinen nicht gegängelt oder als Mensch zweiter Klasse behandelt wird", meint Klug. Über KI müssten Probleme, Wünsche und Anliegen der Kunden antizipiert werden. Es dürfe kein Service-Diktat der Anbieter geben. Das Design müsse maximale Wahlfreiheit schaffen.

"Unterstütze den Kunden nur dann, wenn er es auch wirklich will. Hat er Probleme, sich in einem Online-Buchungssystem zurechtzufinden, biete über einen Chat direkte Hilfe an. Klickt er den Chat-Button weg, lass ihn in Ruhe. Kommt eine Anfrage über Twitter, warte nicht stundenlang mit einer Antwort. Hat er Probleme mit einem Social-Media-Account, presse ihn nicht in das Korsett von unpersönlichen Algorithmen", fügt Klug hinzu. Automatisierung könne mit entsprechender Programmierung auch eine persönliche Note bekommen - selbst auf Portalen, die mehrere hundert Mio. Nutzer haben", unterstreicht der Branchenkenner.

Kunde im Mittelpunkt

Lästige Algorithmen sollten der Vergangenheit angehören. Für Alexander Holtappels vom Wissensmanagement-Experten Sabio gilt Amazon als Vorzeigebeispiel: "Für jeden Status einer Bestellung findet der Kunde genau die passende Handlungsoption. Nicht mehr und nicht weniger. Bei anderen Anbietern erhält man zwar viele Informationen, diese sind jedoch in einem nur schwer bedienbaren User-Interface verwurstelt." Hier würden nur Algorithmen helfen, die nicht starr sind und aus der Realität lernen. "Dann ist es möglich sich auf das zu konzentrieren, was im Mittelpunkt stehen sollte: der Kunde", erläutert Holtappels.

Gute Software helfe über intelligente Logik, die uneffektive Zeit erfolgloser Anwahlversuche gering zu halten und vereinbarte Wiedervorlagen zeitnah abzuarbeiten. "Das ist auch eine Frage der eigenen Disziplin. Telefontermine sind wichtig und die Einhaltung Wertschätzung meines Gegenübers. Das Telefon allein wird keine erfolgreiche Kommunikation möglich machen. Wenn nach dem Telefonat die Zusammenfassung des Gesprächs per E-Mail inklusive ergänzender Informationen gesendet werden, begeistert Kommunikation", unterstreicht auch Markus Grutzeck von der Grutzeck Software.