Wenn es um China geht, darf sich Facebook gewarnt fühlen. Der weltweit größte Internet-Markt ist für das soziale Netzwerk sicherlich ein natürliches Expansionsziel, insbesondere da der Konzern Investoren vor dem Börsengang von seinem Wachstumspotenzial überzeugen will.

Aber die Chancen sind gering, dass ausgerechnet Facebook-Gründer Marc Zuckerberg gelingt, woran eBay, Google, Amazon, Yahoo und zuletzt auch das Schnäppchenportal Groupon gescheitert sind. All diese US-Unternehmen haben in dem rasant wachsenden Schwellenland mit seinen 1,3 Milliarden Einwohnern nie richtig Tritt gefasst. Dennoch spielt Facebook öffentlich mit dem Gedanken, nach drei Jahren Pause doch noch einmal einen Anlauf zu nehmen.

Die amerikanischen Netzwerker stoßen diesmal aber nicht nur auf politische Hürden, sondern inzwischen auch auf harte Konkurrenz von einheimischen Wettbewerbern wie Sina, Renren, Kaixinwang001 oder Tencent. "Facebook kommt eigentlich schon ein bisschen spät", sagt Elinor Leung, die die Branche von Hongkong aus für CLSA beobachtet. Der Markt sei bereits aufgeteilt. "Es wird ziemlich schwierig für Facebook, mit einem Angebot anzutreten, das anders ist als das, was schon da ist." Nachdem die Amerikaner 2008 ihren ersten Versuch unternommen hatten, blockierte die Führung in Peking die Seiten, als es kaum ein Jahr später in der westlichen Provinz Xinjiang zu Unruhen kam. Aus Sicht der kommunistischen Regierung hatte das Netzwerk erst die Organisation der Demonstrationen ermöglicht.

Inzwischen haben allerdings bereits die Hälfte der 500 Millionen Internet-Nutzer ihr Netzwerk gefunden. Marktführer sind Renren und Sina, das mit Weibo die chinesische Twitter-Variante betreibt. Die heimischen Seiten bieten das volle Programm und lassen kaum Wünsche offen: Apps, Nachrichtenportale, eigene Bezahlsysteme oder Gelegenheit zum Online-Handel.

"Die chinesischen Netzwerke sind voller und wettbewerbsfähiger als die amerikanischen", sagt Renren-Chef Joe Chen, für dessen Konzern Facebook ein direkter Rivale wäre. "Hier gibt es viele große und gut etablierte Unternehmen, die alle in ein langfristiges Wachstum investieren." Der chinesische Markt unterscheide sich im Konkurrenzdruck und in seiner Geschäftskultur deutlich von allem, was Facebook bisher weltweit erlebt habe.

Auch Branchenexperten sehen das so: "Die Chinesen sind seit Jahren in sozialen Netzwerken unterwegs", sagt Sam Flemming, Gründer von CIC, einer Beratungsgesellschaft für soziale Medien in Shanghai. Es werde schwierig für Facebook, sich über die kleine Gemeinde von international orientierten Einheimischen und Ausländern hinaus bekanntzumachen, folgert er. "Das würde eine ziemliche Anstrengung erfordern." Bislang sind die Dienste des US-Konzerns nur über einen relativ aufwendigen technischen Umweg zu erreichen.

Auch Twitter und YouTube werden von der Regierung blockiert. Google warf vor zwei Jahren das Handtuch, weil es den Aufsichtsbehörden so viele inhaltliche Zugeständnisse machen musste, dass es zuhause in den Geruch von Zensur geriet.

Als einzige vielversprechende Chance sehen Experten eine enge Zusammenarbeit mit einem einheimischen Partner. Dieser müsste dann ein eigenständiges Produkt unter den speziellen Bedingungen des chinesischen Marktes platzieren, sagt Dominic Penaloza, Chef des Netzwerkes Ushi.cn, das sich auf professionelle Kontakte spezialisiert hat. Allerdings: Facebook ist gerade wegen seiner internationalen Reichweite und Offenheit attraktiv. Eine abgeschottete Variante würde diesen Vorteil zunichtemachen. Duncan Clark von der Beratungsgesellschaft BDA in Peking warnt: "Die Chinesen wollen kein zweitklassiges Angebot."