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Die Europäische Kommission verspricht sich große Wachstumsimpulse vom sogenannten "digitalen Binnenmarkt". Durch den Abbau von Hemmnissen bei grenzüberschreitenden Online-Geschäften, der Digitalisierung von öffentlichen Auftragsvergaben und die europäische Integration des Telekomsektors ließen sich mehrere Milliarden Euro einsparen und viele Jobs schaffen, sagte EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier am Donnerstag im Europaparlament in Straßburg.

"Die digitale Wirtschaft schafft 2,6 Arbeitsplätze für einen Arbeitsplatz, der im Rest der Wirtschaft verloren geht", sagte Barnier. Ein Ausbau der Internetverbindungen schlage sich somit direkt im Wirtschaftswachstum nieder. Der EU-Kommissar hob zudem die Notwendigkeit eines "echten europäischen Binnenmarktes" für Telekomunternehmen vor. Dieser Bereich sei nämlich immer noch stark zersplittert und national geprägt. Die zuständige Kommissarin Neelie Kroes wolle diesbezüglich schon im Herbst eine Gesetzesinitiative starten. Ziel ist es, die Roaming-Gebühren gänzlich abzuschaffen.

Barnier beklagte, dass es immer noch große Hürden für den grenzüberschreitenden Online-Handel gibt. So seien die Zustellgebühren im Auslandsverkehr "noch bis zu drei Mal teurer" als im Inlandsverkehr. Daher will die EU-Kommission im Herbst "ein länderübergreifendes System für die Zustellung von Waren entwickeln". Laut Barnier beziehen sich die meisten Beschwerden von Konsumenten zum Onlinehandel gerade auf die Zustellgebühren. Auch den Bereich des Urheberrechts, wo es national unterschiedliche Regelungen gibt, will sich Barnier ansehen. "Das Urheberrecht soll kein Hemmnis für die wirtschaftliche Entwicklung sein, sondern die Entwicklung erleichtern." Allerdings müsse auch Sorge dafür getragen werden, dass die Urheber nicht um Einkünfte umfallen.

Große Einsparungspotenziale sieht Barnier bei der Digitalisierung der öffentlichen Auftragsvergabe, die 18 Prozent der europäischen Wirtschaftsleistung ausmache. Das System der elektronischen Rechnungslegung, das bis zur Europawahl 2014 eingeführt werden solle, könne zwei Milliarden Euro einsparen. "Wenn es gelingt, die öffentlichen Bestellungen komplett zu digitalisieren, können wir bis zu 80 Milliarden Euro einsparen pro Jahr", betonte Barnier.

In der Debatte strichen mehrere EU-Abgeordnete die positiven Auswirkungen des EU-Binnenmarktes hervor. "Das ist ein Bereich, wo die EU greifbare Erfolge erzielt. Alljährlich ist es die gute Nachricht zum Beginn der Ferien, dass die Roaming-Gebühren wieder sinken", sagte die britische Liberale Fiona Hall. "Ich würde meinen Wählern gerne sagen, dass die Roaming-Gebühren schon nächstes Jahr ganz wegfallen." Der deutsche Konservative Andreas Schwab drängte vor allem auf eine Vereinheitlichung der Konsumentenschutzbestimmungen. "27 nationale Rechtsregimes führen dazu, dass der Verbraucher eben nicht die Möglichkeit bekommt, überall dort einzukaufen, wo er möchte", betonte er.