Jugendliche Smartphone-Anwender (Bild: Pixabay/Nature Addict)

Ein Grossteil der Jugendlichen in der Schweiz erlebt ihre Eltern als unterstützend und fühlt sich unter Gleichaltrigen gut integriert, wie der neue James-Focus-Bericht der ZHAW und der Swisscom belegt. Es zeigen sich dabei auch Zusammenhänge mit der Mediennutzung: Jugendliche, die viel elterliche Unterstützung erfahren, verbringen laut Studie weniger Zeit im Internet und werden seltener mit Sexting oder sexueller Belästigung konfrontiert.

Ein Grossteil der Jugendlichen schätzt gemäss dem James-Focus-Bericht die elterliche Unterstützung als hoch ein und erlebt in der Erziehung ein hohes Mass an Kommunikationsbereitschaft und aktiver Lenkung seitens der Eltern. Auch fühlen sich die meisten demnach gut integriert, sowohl in der Schule als auch innerhalb ihres sozialen Umfeldes. Über die verschiedenen soziodemo­grafischen Unterschiede hinweg sind familiäre und soziale Ressourcen relativ gleichmässig verteilt. Allerdings schätzen Jugendliche ohne Schweizer Pass die elterliche Unterstützung signifikant tiefer ein und fühlen sich weniger gut integriert. "Für Eltern mit Migrationshintergrund ist es vermutlich schwieriger, ihr Kind bei gewissen Themen zu unterstützen, da sie die Lebenswelt der Jugendlichen sowie das Schul- und Berufsbildungssystem in der Schweiz weniger gut kennen", erläutert Gregor Waller, Co-Leiter der Fachgruppe Medienpsychologie der ZHAW. "Aufgrund sprachlicher und kultureller Unterschiede fällt es möglicherweise auch den Jugendlichen schwerer, sich zu integrieren oder sie sind mit Vorurteilen und Ausgrenzung konfrontiert."

Ein Zusammenhang zeigt sich der Studie zufolge zwischen der wahrgenommenen Unterstützung durch die Eltern und der Internetnutzungszeit: Ein höheres Ausmass an wahrgenommener elterlicher Unter­stützung geht demnach mit einer tieferen wöchentlichen Internetnutzungszeit einher. Bezüglich der Handy- und Gamezeit gelte dies jedoch nicht. "Anzunehmen ist, dass eine wechselseitige Beziehung zwischen der Nutzungszeit und elterlicher Unterstützung besteht: eine schlechte Eltern-Kind-Beziehung verstärkt eine exzessive Internetnutzung, gleichzeitig kann sich eine intensive Internetnutzung negativ auf zwischenmenschliche Beziehungen auswirken", erklärt ZHAW-Medienpsychologin Jael Bernath. "Jugendliche, die eine sehr intensive Internetnutzung aufweisen, haben möglicherweise vermehrt Konflikte mit ihren Eltern, was die Beziehung belasten kann."

Grundsätzlich haben digitale Medien bei der sexuellen Entwicklung von Jugendlichen an Bedeutung gewonnen, ist der Studie weiters zu entnehmen. Sie bieten Möglichkeiten, erste romantische oder intime Kontakte auszuleben, die eigene sexuelle Identität zu erkunden und eine selbstbestimmte Sexualität zu entwickeln. Gleichzeitig ergeben sich im digitalen Raum aber auch Risiken für Grenzverletzungen und Fehlverhalten.

Ein höheres Ausmass an wahrgenommener elterlicher Unterstützung geht laut dem Bericht mit weniger Erfahrungen mit Sexting, Internetbekanntschaften und sexueller Belästigung einher. "Jugendliche zeigen also weniger potenziell riskantes Verhalten im Bereich der intimen und sexuellen Kommunikation, wenn sie die Beziehung zu ihren Eltern als unterstützend wahrnehmen", erklärt Jael Bernath. Jugendliche bewegen sich möglicherweise sicherer auf diesem Grat zwischen Chancen und Risiken, wenn sie auch bei Unsicherheiten oder negativen Erfahrungen im digitalen Raum auf ihre Eltern zugehen können.

Der neue James-Focus-Bericht unterstreicht laut Michael In Albon, Jugendmedienschutz-Beauftragter bei Swisscom, dass Eltern eine zentrale Rolle bei der Medienerziehung spielen, obwohl sie sich durch die rasante Entwicklung mitunter überfordert fühlen. "Die Ergebnisse bestärken uns in der Überzeugung, dass wir einen wertvollen Beitrag leisten können, wenn wir Schulen und Eltern in ihrer Begleiter-Rolle unterstützen."

Nachfolgend sechs Tipps an Eltern zur Unterstützung Jugendlicher bei der Entwicklung eines selbstbestimmten und kompetenten Medienumgangs:
- Massvoll mit Handy, Games und dem Internet umgehen zu lernen, ist wichtig. Helfen Sie Kindern und Jugendlichen, ihre individuelle Balance zu finden.
- Medien erfüllen vielfältige Zwecke. Sinnvoll genutzt können Sie dabei helfen, die Herausforderungen der Jugendjahre zu meistern.
- Eine tragfähige Eltern-Kind-Beziehung bleibt zentral, auch wenn der Einfluss der Gleichaltrigen wichtiger wird. Interessieren Sie sich weiterhin für die Aktivitäten Ihrer Kinder sowohl online als auch offline und haben Sie ein offenes Ohr.
- Machen Sie aus Sexualität und Intimität kein Tabuthema, so stehen Sie den Heranwachsenden als Rückfallebene zur Verfügung, wenn sie etwas Belastendes erleben sollten. Erfahrungen mit pornografischen Inhalten und sexueller Onlinekommunikation sind kaum zu umgehen.
- Gut in der Schule integriert zu sein, unterstützt die Entwicklung eines massvollen und kompetenten Medienumgangs,gerade auch dann, wenn Sie als Eltern einen geringeren Einsatz leisten können, als sie vielleicht möchten. Bringen Sie der Schule und ihrer Integrationsarbeit Ihre Wertschätzung entgegen.
- Tragen Sie zu einem positiven Klassenklima bei. Dem Ausgrenzen und Mobben einzelner Schülerinnen und Schüler online und offline lässt sich vorbeugen, indem alle gut in den Klassenverband eingebunden werden.

James-Studie und James-Focus-Bericht:
Seit 2010 werden in der James-Studie von der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften im Auftrag von Swisscom alle zwei Jahre über 1000 Jugendliche im Alter von 12 bis 19 Jahren in den drei grossen Sprachregionen der Schweiz zu ihrem Medienverhalten befragt. Die James-Focus-Reihe nutzt die Daten der James-Studie und analysiert vertieft weitere Aspekte. Die Datenerhebung für die vorliegenden Ergebnisse fand im April und Mai 2022 statt. In diesem Jahr erscheint nebst diesem Bericht ein Themendossier zur ökologischen Nachhaltigkeit der Nutzung von Smartphones. Bereits erschienen ist ein Bericht zu Influencerinnen und Influencern und positiv gefärbten Inhalten auf sozialen Netzwerken.
www.zhaw.ch/psychologie/jamesfocus www.swisscom.ch/james