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Unternehmen und Verwaltungen des Öffentlichen Sektors sensibilisieren sich zunehmend für neue Lösungen der Informationstechnologie (IT). Sie investieren in eine effiziente IT oder wagen Schritte in Richtung neuer Konzepte, wie dem Cloud Computing, um den Public Service auf attraktive Art und Weise verfügbar zu machen.

Gastbeitrag von Prof. Dr. Rüdiger Zarnekow, Technische Universität Berlin, Fachgebiet Informations- und Kommunikationsmanagement, www.ikm.tu-berlin.de

Die Öffentliche Hand investiert zunehmend in neue Technolgien, um sich einerseits dem steigenden Kostendruck zu stellen und anderseits den Mitarbeitern und Bürgern attraktive Online-Dienstleistungen im Rahmen des eGovernment bereit zu stellen.

IT-Ressourcen via Internet

Cloud Computing ist eine Weiterentwicklung des klassischen Webhostings und bezeichnet die bedarfsgerechte und skalierbare Bereitstellung virtualisierter IT-Ressourcen über das Internet. Das „National Institute of Standards and Technology“ (NIST) identifiziert für Cloud Computing fünf charakteristische Merkmale: bedarfsgerechter Selbst-Service, netzwerkbasierter Zugang, gemeinsamer Ressourcenpool, Skalierbarkeit und Elastizität sowie die nutzungsgerechte Abrechnung.

Merkmale von Cloud Computing
- Bedarfsgerechter Selbst-Service: Der Verbraucher kann den benötigten Umfang des Services selbst zusammen- und bestellen, ohne direkte physische Interaktion mit dem Anbieter.
- Netzwerkbasierter Zugang: Der Zugriff auf die zentralisierten Dienste und Ressourcen erfolgt in Echtzeit durch standardisierte netzbasierte Technologien (z.B. Internet oder Intranet).
- Gemeinsamer Ressourcenpool: Die Dienste des Cloud-Anbieters basieren auf einem mandantenfähigen Ressourcen-Pool, aus welchem multiple Anwender bedient werden können.
- Skalierbar und elastisch: Die Services können bei Bedarf skaliert werden, so dass Ressourcen jederzeit hinzugefügt oder entfernt werden können.
- Nutzungsgerechte Abrechnung: Die Nutzung des Services wird durch Nutzungskennzahlen protokolliert, so dass eine Kostentransparenz und -überwachung gegeben ist.

Auch im Öffentlichen Sektor greifen die grundlegenden Nutzenvorteile und Herausforderungen für den Einsatz von Cloud Computing. Darüber hinaus lassen sich Besonderheiten erkennen, die ihren Ursprung in der verschärften Rechtslage des Öffentlichen Sektors haben. Die aktuell grösste Zwangslage stellen zahlreiche Rechtsgebiete dar, z.B. das Vertrags- und Haftungsrecht, das Urheberrecht, das Datenschutzrecht, das Steuer- und Handelsrecht, das Verwaltungsverfahrensrecht sowie das Vergaberecht.
Innerhalb eines Workshops mit IT-Dienstleistern des Öffentlichen Sektors wurden die vom „National Institute of Standards and Technology“ erarbeiteten fünf charakteristischen Merkmale von Cloud Computing konkret evaluiert und für den Öffentlichen Sektor bewertet.

Bewertung der Cloud-Eigenschaften für den Öffentlichen Sektor

Bedarfsgerechter Selbst-Service: Vorteile
• Beschleunigung von Einkauf, Installation und Bereitstellung des Services
• Geringe Einführungszeit eigener Produkte
• Erleichterung des Anbieterwechsels und damit gesteigerte Anpassungsfähigkeit an Änderungen seitens des Anbieters (IT-Dienstleister)
• Ausbau der Nähe zwischen Öffentlicher Hand und Bürgern

Bedarfsgerechter Selbst-Service: Nachteile
• Durch mangelnde dynamische Servicenachfrage, komplexe Kostenfreigaben und das bestehende Vergaberecht, stellt der flexible Bezug von IT-Diensten keinen regulären Anwendungsfall dar
• Individueller Zuschnitt eines Services ist aufwändig
• Hohe Barrieren bei organisatorischen Änderungen

Netzwerkbasierter Zugang: Vorteile
• Ubiquitärer (allgegenwärtiger) Zugriff auf den Service durch verschiedene Endgeräte wie Laptops, PCs oder Mobilgeräte
• Sicherheit und Wirtschaftlichkeit gehen in die gleiche Richtung (je sicherer der Service konzipiert wird, desto größer ist sein Marktpotential im Öffentlichen Sektor)

Netzwerkbasierter Zugang: Nachteile
• Hohes Sicherheitsbedürfnis & hohe Compliance Anforderungen
• Verwendung öffentlicher Netzwerkstrukturen kollidiert mit Compliance-Richtlinien für den Öffentlichen Sektor

Gemeinsamer Ressourcenpool: Vorteile
• Leistungssteigerung durch Zugang zu großen Umfängen von IT-Ressourcen
• Zentrale Administration der IT-Ressourcen schafft Skaleneffekte und ermöglicht damit geringere Kosten für den Anwender
• Zentrale Administration optimiert Betriebsprozesse und erhöht das Sicherheitsmanagement

Gemeinsamer Ressourcenpool: Nachteile
• Heterogene Rechtsformen, dezentrale Entscheidungshoheit und „Budget-Egoismus“ behindern Zusammenschlüsse
• Schwierigkeiten bei der Konsolidierung von IKT durch heterogenen Systemlandschaften und Tätigkeitsfelder
• Potenzial für Verletzung der Informationssicherheit bei unsicheren Schnittstellen oder nicht perfekter Mandantentrennung
• Verschärfte Wettbewerbssituation zwischen den IT-Dienstleistern

Skalierbar und elastisch: Vorteile
• Dynamische Zuordnung von Ressourcen ermöglicht eine optimierte Auslastung von Ressourcen sowie Material- und Platzeinsparungen
• Ausgleich des künftigen Mitarbeitermangels im Öffentlichen Sektor durch gesteigerte Effizienz der IT

Skalierbar und elastisch: Nachteile
• Schwerfälligkeit bei Budget- und Ressourcenentscheidungen stehen einer Dynamik der Dienst-Nutzung entgegen
• Nutzung öffentlicher Cloud-Strukturen ist aus Datenschutzgründen im Öffentlichen Sektor eingeschränkt, aber in privaten Cloud-Strukturen ist die Skalierbarkeit der Ressourcen nach oben beschränkt
• Rückstand der Technologie bzgl. Virtualisierung und Skalierbarkeit der Hardware

Nutzungsgerechte Abrechnung: Vorteile
• Einsparungen hoher Anfangsinvestitionen
• Kostentransparenz fördert Anbietervergleich, eine verursachungsgerechte Kostenverteilung sowie die Kostenkontrolle
• Überwachung der SLAs möglich

Nutzungsgerechte Abrechnung: Nachteile
• Personalvertretung öffentlicher Verwaltungen steht den Kontrollmöglichkeiten des Monitoring der Servicenutzung möglicherweise entgegen

USA als Vorreiter

International besetzen die USA beim Thema Cloud in der Öffentlichen Verwaltung eine Vorreiter-Rolle. Hier werden in diversen Bundesstaaten und Städten teilweise seit 2008 Email- und Kollaborationsdienste sowie Konferenzlösungen und Software-Plattformen über die grossen Hersteller Microsoft und Google genutzt. Seit 2011 bietet Amazon der US-Regierung die AWS Govcloud als speziellen Cloud-Dienst für Behörden an. Daraufhin kündigte der Chief Information Officer (CIO) der US-Regierung im Juli 2011 an, 800 von 2.000 Rechenzentren der US-Regierung stillzulegen.
Auch in Japan und Europa werden die IT-Systeme der Öffentlichen Verwaltung konsolidiert und übergreifende Cloud-Strukturen aufgebaut. So sehen die zukünftige Pläne der britischen Behörden die Installation einer Government Cloud (G-Cloud) vor, ein Cloud Computing Netzwerk (Community Cloud) für die gesamten britischen Behörden. In Deutschland entstehen im Rahmen des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie geförderten Technologieprogrammes Trusted Cloud zahlreiche Cloud-Lösungen, wie zum Beispiel die Errichtung einer energieffizienten Community Cloud für den kommunalen Sektor im Rahmen des Government Green Cloud Laboratory (GGC-Lab).

Hochkarätiges Seminar „Cloud Computing“
Der Seminaranbieter „The Knowledge Place“ führt am 14. Mai (9 bis 17 Uhr) im Gottlieb Duttweiler Institute in Rüschlikon den Fachkurs „Cloud Computing“ durch. Bereits seit mehreren Jahren wird über Cloud Computing diskutiert. Die Fachleute sind sich einig, dass Cloud Computing einer der bestimmenden IT-Trends ist: weg von starren Infrastrukturen hin zur dynamischen Nutzung „aus der Steckdose“. Doch wenn geschäftskritische Prozesse und Daten einer Cloud anvertraut werden sollen, tauchen wichtige Fragen und Herausforderungen auf: Wie steht es um Performance, Datensicherheit, Vertraulichkeit, Compliance, Datenmigration, Support etc.? Welches Cloud-Angebot ist das Richtige? IaaS, PaaS, SaaS oder gar BPaaS? In einer privaten öder öffentlichen Cloud? Hybrid? Und welcher Anbieter hat das passende Angebot für mich?

Am Fachseminar vom 14. Mai im Gottlieb Duttweiler Institute Rüschlikon adressieren namhafte Referenten die relevanten Aspekte und zeigen Lösungsansätze und erfolgreiche Beispiele aus der Praxis auf.
Auszug aus der Agenda:
- Nutzenpotenziale des Cloud Computing – Einsatzmöglichkeiten, Herausforderungen und Trends (Prof. Dr. Rüdiger Zarnekow, Lehrstuhl für Informations- und Kommunikationsmanagement, Technische Universität Berlin)
- Cloud Security und Compliance: Fallstricke und Beispiele aus der Praxis (Thomas Koch, PricewaterhouseCoopers)
- Cloud Computing-Strategie der Schweizer Behörden 2012-2020: Vision – Strategische Grundsätze – Hauptstossrichtungen – Umsetzung – Praxisbeispiele (Willy Müller, Informatiksteuerungsorgan Bund)
- Cloud Computing: Von der Strategie zur Umsetzung (Mark Stämpfli, PricewaterhouseCoopers)

Podiumsdiskussion mit Prof. Dr. Rüdiger Zarnekow, Willy Müller, Mark Stampfli, Beat Oberholzer

Seminar "Cloud Computing"
Wo: GDI Rüschlikon
Wann: 14. Mai 2013, 9 bis 17 Uhr
Infos / Anmeldung: www.knowledgeplace.ch