Das Informatikprojekt "Insieme" der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) wird abgebrochen. Die Vorsteherin des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD) Eveline Widmer-Schlumpf hat die Finanzdelegation der Eidgenössischen Räte gestern entsprechend informiert. Die Projektorganisation soll bisher erarbeitete Resultate sichern und bereits erstellte Komponenten in den Betrieb überführen, heisst es in einer Aussendung des EFD.

Aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse und Fakten sieht Widmer-Schlumpf eine Weiterführung des Projekts Insieme heute als zu risikobehaftetan, weshalb sich ein Projektabbruch aufdränge, so die Mitteilung. Die ursprüngliche Planung aus dem Jahr 2008 sah vor, dass das Insieme-IT-Gesamtsystem in mehreren Etappen bis anfangs 2013 realisiert werden solle. Wesentliche Teile des Initialvorhabens mussten jedoch Ende 2011 aus dem Projektumfang gestrichen werden. Damit mussten bis anhin aufgelaufene Arbeiten abgeschrieben und die Planung auf die Ablösung der zwei Kernsysteme Molis (Mehrwertsteuer) und Stolis (Direkte Bundesteuer, Verrechnungssteuer und Stempelabgabe) beschränkt werden. Zwar sei mittlerweile das Gesamtkonzept für Insieme erstellt, doch seien, was die Ablösung der Kernsysteme betrifft, nur 10 Prozent der notwendigen Programmierarbeiten vollendet.

Nebst dem anfänglichen Fehlen einer die IT- und die Organisationsdimension abdeckenden Gesamtplanung wirke sich langfristig auch die bis Oktober 2011 fehlende fachliche Führung des Projektes negativ aus, wird weiters seitens EFD verlautet. Und es habe die seit Oktober 2011 neu eingesetzte Projektleitung festgestellt, dass die Bereinigung der beschaffungsrechtlichen Probleme Verzögerungen des Projektes mit sich brächten und nicht sicher gestellt werden könne, dass die gesprochenen Mittel bis Ende 2015 genügten.

"Der langjährige Projektverlauf erfuhr zudem mehrmalige Methodik- und Softwarewechsel. Trotz der seit Oktober 2011 laufenden Bereinigung der eingesetzten Komponenten können die Betriebs- und die Wartungskosten nur schwer abgeschätzt werden," teilt das EFD wörtlich mit. Es werde Aufgabe des zu nominierenden neuen ESTV-Direktors sein, sich mit der Frage auseinander zu setzen, welche Ziele in Zukunft mit Bezug auf Prozesse, Organisation und Informatik verfolgt werden sollen.

Konsequenzen zum Teil bereits gezogen

Der Bundesrat und das EFD haben aus den Problemen des Projektes INSIEME und aus ähnlichen Erfahrungen anderer Grossprojektes bereits vor dem Abbruchentscheid Konsequenzen gezogen: Auf Antrag des EFD hat der Bundesrat in Umsetzung der revidierten Bundesinformatikverordnung und der IKT-Strategie Bund 2012-2015 beschlossen, die Führung von Grossprojekten zu stärken, solche IKT-Schlüsselprojekte künftig durch eine Qualitätskontrolle begleiten zu lassen, die Entwicklung solcher Projekte im strategischen Controlling zuhanden des Bundesrates zu verfolgen und den Erfahrungsaustausch unter Verantwortlichen solcher Projekte zu fördern. Zudem sollen Standarddienste für die ganze Bundesverwaltung künftig zentral geführt werden.

Weiter wird mit der anlaufenden Einführung des Beschaffungscontrollings durch das Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) die Überprüfung und Steuerung der Ordnungsmässigkeit bei den Beschaffungen des Bundes durch Schaffung von Transparenz ermöglicht. Dabei stehen die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben mit den konformen Vergabeverfahren, insbesondere der Schwellenwerte und der Bestimmungen für freihändige Vergaben, im Fokus. Mit den Instrumenten der Statistik von Beschaffungszahlungen, einem Vertragsmanagementsystem und dem Monitoring für nachhaltige Beschaffung würden die Analyse über getätigte Vergaben, abgeschlossene Verträge, vollzogene Zahlungen sowie Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit ermöglicht, heisst es abschliessend.