Bild: Quantum

Lange hat man von Quantum wenig – und wenn, dann oft nichts Gutes – gehört. Der vor 40 Jahren gegründete Oldtimer der IT-Industrie hatte den Anschluss an moderne Computing-Entwicklungen verpasst, und die Umsatzzahlen sanken immer weiter. Nach Jahren negativer Aktienbewertungen und einer Herausnahme aus dem Börsenhandel hat sich dann seit 2019 der Aktienkurs auf ein Niveau von etwa sieben Dollar eingependelt.

Quantum war gross geworden mit klassischen Tape-Lösungen im Bundle mit geeigneter Speicher-Software. Doch dann begann ein allmählicher Abstieg – bedingt durch eine Mischung von falschen Markteinschätzungen und Miss-Management an der Unternehmensspitze.

Im November 2017 kommentierte Chris Mellor in der englischen IT-Publikation "The Register" die damalige Situation von Quantum: "Es sieht nach einem Gemetzel in der Vorstandsetage von Quantum aus, da ein neuer Investor in den Vorstand eintritt, der CEO das Unternehmen verlässt, die Strategie zur Rettung der Scale-Out-Storage-Einnahmen scheitert, die Umsätze sinken und die Hoffnungen sich nur noch auf eine software-definierte, cloud-native Zukunft richten." (10. 11. 2017) Und Mellor ergänzte: "Quantum war einer der führenden Akteure bei den Herstellern von Tape-Laufwerken, als sich die Backup-Bandspulen in den Rechenzentren noch kräftig drehten. Als Deduplizierung von Backups zum Trend wurde, reagierte Quantum, angeführt von CEO Jon Gacek, mit dem Kauf einer eigenen DXi-Backup-Appliance. Doch Data Domain dominierte diesen Industriezweig, und so stieg Quantum mit seiner Stornext-Produktlinie und den damit verbundenen Objektspeichern, Disk-Arrays und Software-Komponenten in den Bereich Scale-out-Storage ein. Die Umsätze wuchsen jedoch nur langsam und konnten nicht die rückläufigen Tape- und DXi-Umsätze ersetzen. Es kam immer wieder zu Umsatzeinbussen, da Grossaufträge verschoben wurden oder ganz wegfielen."

Spekulative Investoren wie Eric Singer von VIEX Partners übernahmen das Kommando, tauschten einen Teil der Fūhrungsriege von Quantum aus und es kam sogar zu einem so genannten "reverse stock split", um eine Herausnahme aus dem Börsenhandel des aktiennotierten Unternehmens zu verhindern. Die dann schliesslich doch für einige Jahre passierte. Das gesamte Management-Team wurde ausgewechselt und wird seit Juli 2018 von dem CEO Jamie Lerner angeführt, der vorher unter anderem bei Cisco und Seagate Management-Funktionen ausgeübt hatte.

Die Zukunft soll Software-orientiert sein, wobei man die alten Hardware-Komponenten wie Tape-Laufwerke oder Speicher-Appliances weiterfūhren will. Diesen Kurs bekräftigte Brian Pawlowski, Chief Development Officer (seit sechs Monaten bei Quantum), im Juni diesen Jahres während einer Präsentation der "neuen" Quantum bei der digitalen IT Press Tour von Philippe Nicolas aus San Francisco. Man wolle den Kunden dabei helfen, ihre Daten ohne Zeitgrenzen aufzubewahren, was besonders bei den neuen Datentypen wie zum Beispiel unstrukturierte Daten bei Videos, Bildern, Dateien und Objects notwendig sei. Bis zum Jahr 2025 sollen 80 Prozent aller Daten unstrukturiert sein, lautet eine Vorhersage von Analysten, auf die sich Quantum stūtzt.

Diese Entwicklung habe – so Pawlowski – zur Konsequenz, dass Quantum seinen bereits begonnenen Transformationsprozess verstärken müsse. Dieser umfasst folgende Komponenten:
- Von Produkten zum Lösen von Problemen;
- von Hardware zu Festpreisen zu Software mit Subskriptionsabrechnung;
- mehr Service-Angebote;
- von On-Prem- zu Hybrid- und Multi-Cloud-Lösungen.

Generell sollen sich alle Software-Angebote von Quantum von den darunter liegenden Hardware-Appliances loslösen und in Subskriptionen umwandeln. Und als weiteren Schritt soll es zukūnftig Quantum-Software auch für die Hardware anderer Hersteller geben. Alle Produkte aus der Palette von Quantum sollen sich wie eine "single plane of glass" verhalten und leichter zu handhaben sein. Cloud-basierte Analytics und Machine Learning (ML) sollen den Weg dafür bereiten. Pawlowski räumte während der Präsentation ein, dass sich sein Unternehmen zunächst allerdings mehr auf die geschäftlichen Seiten der IT konzentrieren müsse.

Ed Fiore, General Manager für Primary Storage bei Quantum, berichtete, dass das Vorzeigeprodukt Stornext, das sich weiterhin gut verkaufe, in verschiedene Bestandteile zerlegt und Container-tauglich gemacht werden solle: "Es wird virtualisiert, container- und cloud-ready sein." Kunden könnten zukūnftig nur die Software von Stornext kaufen und sie mit der Hardware von anderen Herstellern kombinieren, so wie man es schon mit AWS getan habe.

Quantum hält bei all diesen Modernisierungsschritten an seinen Tape-Produkten fest – sicher auch aus dem Grund, die bestehende Tape-Clientel weiter an sich zu binden. Neben dem Markt für Tape-Backup, der weiter langsam, aber kontinuierlich sinkt (siehe Abbildung "Tape Has Emerged as Cold Storage Technology for Public Cloud"), sieht man bei Quantum ein neues Marktsegment: Tape als Langzeitarchivierung in der Public Cloud. Ob dies bereits die Verluste im klassischen Tape-Markt kompensieren kann, bleibt abzuwarten. Jüngsten Einschätzungen von Gartner zufolge wächst der Public-Cloud-Anteil an der Unternehmens-IT deutlich langsamer als bisher von den Auguren (darunter auch Gartner selbst) angenommen wurde: Aktuell hat die Public Cloud nur einen Anteil von etwa acht Prozent an der IT der Unternehmen.

Trotz seiner angespannten Finanzsituation hat Quantum im März 2020 eine Akquisition gewagt: Für eine nicht genannte Summe hat man "Activescale" von Western Digital übernommen, um eine Object-Storage-Lösung für den stark wachsenden Anteil unstrukturierter Daten anbieten zu können. Ausserdem wurde vor kurzem CatDV für die Indexierung und Katalogisierung von Daten und Dateien übernommen. Beides soll zur praktischen Umsetzung des hehren Anspruchs von Quantum beitragen, Daten auf das traditionelle Speichermedium Tape zurückzuholen – zumindest für "cold data", die nicht mehr im aktuellen Tagesgeschäft gebraucht werden, aber auch wegen Compliance- und anderer Regelungen nicht einfach gelöscht werden können.

Um die Reichweite im Markt zu erhöhen, hat Quantum darüber hinaus ein weltweites Reseller-Abkommen für Activescale mit Supermicro abgeschlossen. Es sieht auch eine Referenzarchitektur vor. Quantum präsentiert damit ein Bundle von CatDV, Stornext, Activescale und Scalar Tape für kostengūnstiges und "green" Deep Archive. Weitere Verhandlungen mit anderen Hardware-Herstellern – es kursiert auch der Name von HPE – wollte man bei Quantum nicht bestätigen. Es bestehe jedoch "ein Interesse von anderen Hardware-Anbietern", hiess es lediglich.

Anmerkung: Auf der Suche nach unabhängigen Analystenreports auf der Webseite von Quantum fanden wir lediglich zwei Papiere von IDC. Beide sind relativ neuen Datums, aber beide sind von Quantum gesponsort. Nicht gerade die beste Methode, um einen IT-Anbieter "von aussen" und auf "unabhängige Weise" checken zu lassen. Wir verzichten deshalb auf Zitate aus diesen "Reports".

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