Gute besuchte Kubecon + Cloudnativecon Konferenz in Seattle (Bild: Wiehr)

Anlässlich der Konferenz Kubecon + Cloudnativecon 2018, die die Linux Foundation kürzlich in Seattle, USA, veranstaltete, konnte man sich ein gutes Bild vom aktuellen Stand der Opensource-Bewegung machen. Die Redaktion von ICTkommunikation war vor Ort, nahm an zahlreichen Keynotes und thematischen Sessions teil und sprach mit Veranstaltern und Teilnehmern.

Unter dem Doppelnamen "Kubecon + Cloudnativecon" organisiert die Cloud Native Computing Foundation (CNCF) Veranstaltungen zu der breiten Thematik von Containern und Kubernetes in den USA, Europa und jüngst auch in China. Nachdem Google vor einigen Jahren sein Orchestrierungsprogramm für Container mit dem Namen Kubernetes der Linux Foundation übergeben hatte, ist es zu einem wahren Boom rund um die Container-Thematik gekommen. Mit der frei verfügbaren Software für den Bau und Einsatz von Containern und Kubernetes gibt es eine populäre – und gūnstigere – Variante zu der Virtualisierung, wie sie vor allem von VMware verbreitet worden ist. War schon die europäische Konferenz in Kopenhagen im Mai 2018 mit etwa 3.000 Besuchern gut besucht, stellte Seattle mit 8.000 Teilnehmern (und 2.000 Interessenten auf der Warteliste) einen bisherigen Rekord auf – gegenüber der Vorjahresveranstaltung in Austin ein Wachstum von 83 Prozent. Die Veranstaltungen der Openstack Foundation, die mit ihrer Infrastruktur- und Cloud-Orientierung eine gewisse Konkurrenz darstellt, wurden damit deutlich in den Schatten gestellt.

Ähnlich wie bei Openstack gehören grosse IT-Hersteller und viele bekannte Unternehmen neben der Entwickler-Community zu den aktiven Unterstützern – u.a. Amazon AWS, Cisco, Google, Huawei, IBM, Microsoft oder Oracle. So waren denn die vielen Keynotes an den verschiedenen Tagen geprägt von Beiträgen der Business-Mitglieder der Foundation und Sponsoren. Viele Hersteller sind auf den Opensource-Zug aufgesprungen und versuchen, die dortigen Ressourcen für die eigenen Geschäftsziele zu instrumentalisieren. Was sich nicht immer mit den hehren Zielen von Opensource verträgt.

Matt Butcher und Karen Chu von Microsoft (inzwischen mit einer Investition von 7,5 Milliarden Dollar Eigentümer von Github, dem zentralen Online-Dienst für Entwickler und Opensource-Projekte) präsentierten eine unterhaltsame Broschüre mit dem Titel “Phippy Goes to the Zoo – A Kubernetes Story”, in der sie in Form eines Kinderbuches wesentliche Grundlagen dieses Container-Tools aufzeigten. Download hier: https://azure.microsoft.com/en-us/resources/phippy-goes-to-the-zoo/en-us/.

Kubernetes selbst liegt nun in der Version 1.13 vor und gilt als relativ ausgereift. Man muss jedoch berücksichtigen, dass Google seine damalige Kubernetes-Fassung längst wesentlich für sich weiterentwickelt hat – neben der “offenen” alten Variante.

Die aktuelle Version der Cloud Native Computing Foundation widmet sich vor allem dem Thema Schnittstellen (APIs) und Erweiterbarkeit der Infrastruktur. Von einer “einfach” zu implementierenden Orchestrierungs-Software für die in Container und Microservices gepackten Anwendungen kann dennoch nicht die Rede sein. Zahlreiche Service-Anbieter bevölkerten die Ausstellungshalle in Seattle mit insgesamt 187 Ausstellern, um ihre kommerziellen (Hilfs-)Lösungen für die Welt von Containern und Kubernetes vorzustellen, darunter Red Hat (jetzt Teil von IBM), Heptio (jetzt Teil von VMware), Kublr, Mesophere, Mirantis, Portworx oder Rancher.

Zu den in zahlreichen Sessions häufig diskutierten Themen gehörten hybride Clouds, Security, Microservices oder Edge Computing. Eine Sprecherin von Airbnb stellte dar, warum man Microservices und Kubernetes einsetzt, welche praktischen Schwierigkeiten damit verbunden sind und präsentierte schliesslich “10 Takeaways” (siehe Abbildung; ein PDF des Vortrags findet sich hier: https://schd.ws/hosted_files/kccna18/1f/kubecon%202018.pdf).

Edge Computing rückt immer mehr in den Mittelpunkt des Interesses, so auch in Seattle. Aber was ist Edge Computing genau? Bei einem Roundtable mit Analysten wurde die These aufgestellt, dass “edge” alles das sei, was sich an IT nicht im Rechenzentrum oder nicht in der (public) Cloud befinde. Vom Standpunkt der Service Provider oder Telcos sei “edge” dagegen das, was an externen Geräten von ihnen aus bedient und gesteuert werde. Und vom Standpunkt eines Cloud-Providers wie Amazon AWS sei das Rechenzentrum seiner Kunden irgendwo die “edge”.

Es scheint sich eine Tendenz in der Infrastrukturlandschaft von IT durchzusetzen, die im Prinzip “verteilt” oder “nicht zentral” (wo auch immer) ist. Das Stadium einer public Cloud, die mit ihren verschiedenen, letztlich sehr wenigen Riesenrechenzentren à la AWS, Microsoft Azure oder Google Cloud und ein paar lokalen Anbietern die gesamte private IT in sich “aufsaugen” könnte, scheint schon wieder vorbei zu sein, bevor es überhaupt so richtig angefangen hat. Neben den Sicherheitsproblemen wohl auch deshalb, weil die Unternehmen in eine ganz neue Form von Lock-in hineingezogen werden. Und die Transportkosten für das Hoch- und Runterladen von Daten und Applikationen steigen sehr schnell extrem an, wenn die neuen Cloud-Monopolisten ihre Vormachtstellung so richtig ausnutzen. Zum Teil tun sie es heute schon, wie Kunden berichten.

Edge Computing skizziert ein anderes Bild: Unternehmenseigene, aber abgespeckte Rechenzentren, die mit gut ausgerüsteten Zweigstellen an den Rändern (edges) ihrer Imperien ausgestattet sind, und zwischen denen Daten, Applikationen oder Microservices nicht mehr ständig aufwendig und teuer hin- und hergeschickt werden, sondern vor Ort in einer Art Mini-Rechenzentrum verarbeitet werden. Als weitere Instanz für bestimmte auszulagernde IT-Aktivitäten treten dann Cloud-Angebote hinzu.

Hier noch ein Hinweis zu einem Vortrag, den Saad Ali von Google in Seattle gehalten hat: “Kubernetes Design Principles – Understand the Why”. Ein sehr aufschlussreicher Beitrag darüber, wie und warum Kubernetes funktioniert. Slides hier: https://speakerdeck.com/the_saad_ali/kubernetes-design-principles-unders...