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Ist Open-Source-Software nun ein Hype oder bereits Mainstream? Die Antwort lautet, dass es darauf ankommt, welche Projekte man betrachtet. Auf dem Server hat Linux in den letzten Jahren ständig zugelegt und ist mitten im Mainstream. Das gilt auch für andere Technologien wie etwa Eclipse, das sich sowohl als Entwicklerumgebung als auch als Basis für Anwendungen wie Lotus Notes etabliert hat. Auch Firefox gehört zum Mainstream, während OpenOffice auf dem Weg dorthin ist. Gemessen am Marktanteil dürfte dieser Weg allerdings noch ziemlich weit sein.

Diese Mainstream-Produkte werden von Millionen von Anwendern genutzt. Nicht jeder setzt zu Hause Linux ein, aber viele arbeiten mit OpenOffice und Firefox. Wegen der Skaleneffekte vereinfacht eine grosse Verbreitung die Entwicklung von Open-Source-Software. Das liegt auch daran, dass es potenziell viel mehr interessierte Personen gibt, die etwas zu einem Projekt beitragen können.

Steigt man im Software-Stack von der «Commodity» zu den Unternehmensanwendungen empor, präsentiert sich die Situation anders. Zwar ist auch hier das Angebot an Open-Source-Software gewachsen, beispielsweise mit Compiere und SugarCRM als ERP- respektive CRM-Applikation. Aber diese Produkte nehmen heute kommerziellen Anbietern wie Oracle oder SAP keine Marktanteile ab. Mit der Zeit werden sicherlich erfolgreiche Open-Source-ERP-Lösungen entstehen – Projekte, die heute vielleicht gar noch nicht existieren. Aber auch proprietäre Software wird sich in diesem Bereich halten, weil für den Erfolg auch Aspekte wie Beratung und Support eine wichtige Rolle spielen.

Betrachtet man spezialisierte Branchenlösungen, so trifft man etwa im Banken- und Energiesektor kaum auf Open-Source-Software. Eine Ausnahme bildet die öffentliche Hand, also Verwaltungen und insbesondere der Schulsektor. Dort werden beispielsweise die Lernplattformen Sakai und Moodle eingesetzt, zwei sich konkurrenzierende Applikationen mit jeweils Tausenden von Benutzern. Doch ausserhalb des Schulsektors kennt diese Produkte kaum jemand.

In der öffentlichen Hand wird sich Open-Source-Software weiter etablieren, weil das Grundprinzip des Teilens im Interesse von Schulen und Verwaltungen liegt. Damit lassen sich Steuergelder sparen. Und an Hochschulen werden Programmierer ausgebildet, die zur Weiterentwicklung von Open-Source- Software beitragen können.

Bei IBM glauben wir an ein hybrides Modell, bei dem wir dem Kunden die für ihn beste Kombination anbieten können. Wir gehen auch nicht davon aus, dass eines Tages alle Software Open Source sein wird. An der LinuxWorld habe ich prognostiziert, dass Branchenlösungen für einige Industriebereiche proprietär bleiben werden. Dort sind die Voraussetzungen für erfolgreiche Open-Source-Software nicht gegeben. Das sieht man auch daran, dass das Wachstum von Linux nur gering ist. Open-Source-Software ist heute also sowohl Hype als auch Mainstream, das hängt ganz davon ab, welchen Bereich man betrachtet.

Der Autor ist Vice President Open Source and Linux bei IBM.

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Robert S. Sutor