Jean-Claude Flury, DSAG-Fachvorstand Schweiz (Bild: zVg)

Die Umsätze und IT-Budgets von SAP-Anwenderunternehmen sind von der Pandemie insgesamt nicht so stark betroffen, wie im letzten Jahr noch gedacht. Dies belegt eine aktuelle Umfrage der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) unter ihren Mitgliedern in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Handlungs- und Informationsbedarf gebe es zum Beispiel noch im Hinblick auf durchgängige End-to-End-Prozesse bei der Integration von SAP-Anwendungen in Cloud- und Hybrid-Anwendungen. Auch die Harmonisierung der Datenmodelle sei ausbaufähig, gleiches gelte für die Akzeptanz von Cloud-Lösungen bei den Anwendern.

Laut der Untersuchung war die wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronakrise bei vielen Schweizer DSAG-Mitgliedern geringer als zunächst befürchtet. Ging im Jahr 2020 der Umsatz noch bei 76 Prozent der befragten Unternehmen (DACH: 74 Prozent) zurück, sei dies in diesem Jahr nur noch bei 33 Prozent (DACH: 42 Prozent) der Fall. Zudem steige der Umsatz bei 43 Prozent (DACH: 29 Prozent). Im letzten Jahr konnten die teilnehmenden Schweizer Unternehmen noch keine steigenden Umsätze verkünden.

Was die IT-Budgets betrifft, so hatten im letzten Jahr der Studie zufolge 26 Prozent (DACH: 22 Prozent) einen Rückgang um über 20 Prozent erwartet, eingetreten ist er jedoch bei fünf Prozent (DACH: sechs Prozent). Eine Steigerung um über 20 Prozent hatte niemand erwartet (DACH: 2 Prozent), eingetreten ist sie bei fünf Prozent (DACH: sieben Prozent). Keine Veränderung, oder einen Rückgang und eine Steigerung um bis zu 20 Prozent erwarteten im letzten Jahr 74 Prozent, was dann in 2021 bei 90 Prozent der Befragten eingetreten ist. "In der Schweiz sieht man somit generell eine optimistischere Entwicklung als in der restlichen DACH-Region", kommentiert Jean-Claude Flury, DSAG-Fachvorstand Schweiz.

Die Anforderungen der Digitalisierung hätten im Vergleich zum Vorjahr bei 82 Prozent der Schweizer Umfrageteilnehmenden zugenommen, eine Steigerung um elf Prozentpunkte, so die Studie weiters. Mit der Digitalisierung schnell vorankommen aktuell demnach 50 Prozent (DACH: 54 Prozent). Vor einem Jahr waren es noch 55 Prozent (DACH: 61 Prozent). Langsam vorankommen in diesem Jahr 41 Prozent (DACH: 38 Prozent) und damit nur wenige mehr als im letzten Jahr mit 39 Prozent (DACH: 34 Prozent). Neun Prozent geben an, nicht voranzukommen bzw. andere Prioritäten zu setzen (DACH: acht Prozent). Das sind in der Schweiz wie auch im DACH-Raum drei Prozentpunkte mehr als in 2020. "Die leicht stockenden Digitalisierungsbemühungen sind sicherlich zu einem Grossteil der Pandemie zuzuschreiben. Wobei der Mut zur Veränderung bei den Schweizer Unternehmen etwas stärker sichtbar ist als im DACH-Raum", ordnet Flury das Ergebnis ein.

Der Fortschritt in Bezug auf die Integration von SAP-Anwendungen in Cloud- und Hybrid-Umgebungen war ein weiterer Punkt der Umfrage. Den Stand der Integration von SAP-Anwendungen, Partner- und Third-Party-Lösungen insgesamt beurteilen dem Report nach 21 Prozent der Schweizer Umfrageteilnehmer mit gut, (DACH: 28 Prozent), 43 Prozent mit befriedigend (DACH: 44 Prozent), 14 Prozent mit ausreichend (DACH: 14 Prozent) und 21 Prozent mit mangelhaft (DACH: 14 Prozent). "Eine bessere Integration und abgestimmte Datenstrukturen sind seit Jahren Forderungen der DSAG. Nur so lassen sich die Vorteile im Einsatz von SAP-Lösungen heben. Unternehmen müssen die Digitalisierung effizient vorantreiben können – damit steigt auch der Druck auf SAP", kommt hierzu Flury.

Bei den Suite-Qualitäten in Bezug auf die SAP-to-SAP-Integration bewerten 29 Prozent der Unternehmen, die hier eine Einschätzung abgegeben haben, die abgestimmte Produktwartung mit als sehr gut und gut (DACH: 31 Prozent), gefolgt von der durchgängigen Sicherheit mit 25 Prozent (DACH: 48 Prozent), den vordefinierten End-to-End-Prozessen mit 18 Prozent (DACH: 19 Prozent), dem integrierten Reporting mit 17 Prozent (DACH: 32 Prozent), der einheitlichen Benutzeroberfläche mit 14 Prozent (DACH: 28 Prozent), den standardisierten Workflows mit acht Prozent (DACH: 19 Prozent) und den harmonisierten Datenmodellen mit sieben Prozent (DACH: 16 Prozent). "Harmonisierte Datenmodelle sind essenziell für die Vernetzung und Integration. Das gilt für die Schweizer Umfrageteilnehmer im gleichen Masse wie für die DACH-Region insgesamt. Hier muss SAP noch deutlich nachbessern und nutzenstiftende Lösungen aufzeigen", konstatiert Flury.

Eine mögliche technologische Basis für die Transformation der Geschäftsprozesse ist S/4Hana. Das ERP-System gewinnt laut einer gemeinsamen Umfrage von DSAG und Americas´ SAP Users´ Group (ASUG) vom April und Mail 2021 weiter an Bedeutung. Über 40 Prozent der befragten DSAG-Mitglieder haben demnach entweder S/4Hana-Projekte gestartet oder sind damit produktiv. Eine deutliche Steigerung um neun Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr. Zudem ist der Anteil der Unternehmen, die noch keine Entscheidung getroffen haben, um zehn Prozentpunkte auf 37 Prozent gesunken. Lediglich neun Prozent planen nicht mit S/4Hana. "Auch die Schweizer DSAG-Mitglieder sind nach meiner Einschätzung in Richtung S/4Hana unterwegs. Wenn auch die Zahl der produktiv eingesetzten Systeme noch vergleichsweise gering sein dürfte, wurden doch hier und da Einführungsprojekte bereits gestartet bzw. sind in Planung. Demnach entspricht die Situation tendenziell der im gesamten DACH-Raum", hält Flury dazu fest.

Ein weiterer Punkt ist, dass für SAP-Anwenderfirmen die Cloud ohne Wenn und Aber die Zukunft sei. Auch dies zeigt die aktuelle Umfrage von ASUG und der DSAG. Demnach stehen 46 Prozent der DSAG-Mitglieder in DACH der Cloud generell positiv gegenüber. Zudem beurteilen 26 Prozent ihre Einstellung als weder positiv noch negativ und weitere 27 Prozent als negativ. "Die positiven Einschätzungen dürften unter den Schweizer DSAG-Mitgliedern nur ein leichtes Übergewicht im Vergleich zu einer negativen Einstellung haben. Denn auch in der Schweiz ist die Verlagerung von sensiblen Firmendaten ein zentrales Thema, wenn es um Cloud-Lösungen geht", so Flury.

Aber auch die Erfahrungen mit den Cloud-Lösungen spielen dem Report zufolge eine grössere Rolle. Nur 30 Prozent der DSAG-Mitglieder machen demzufolge allgemein positive Erfahrungen im SAP-Bereich. Im Non-SAP-Bereich seien es hingegen 60 Prozent. "Tendenziell wird sich auch bei den Schweizer DSAG-Mitgliedern die Waage aktuell deutlich in Richtung Cloud-Lösungen im Non-SAP-Bereich neigen. Die Gründe dafür könnten noch zu viele Fragezeichen hinter Themen wie der Lizenzierung, der Integration und der Sicherheit sein. Da muss SAP mit nutzenstiftenden Konzepten und einer deutlich verbesserten Informationspolitik gegensteuern", hält der DSAG-Fachvorstand für die Schweiz weiters fest.

Fazit:
Die Herausforderungen des digitalen Wandels müssten jetzt mit Mut und Intelligenz angegangen und die Anstrengungen aufrechterhalten werden, resümiert Flury. Dass die Umsätze und IT-Budgets weniger stark zurückgegangen seien als befürchtet, sei dafür das richtige Signal. Es gelte, die Bedeutung von Netzwerken und kooperativen Ansätzen weiter zu fördern. Das gelinge am besten, wenn Vertrauen entwickelt und Bedenken über Bord geworfen würden. SAP könne mit intelligenten und integrierten Lösungen dazu beitragen. Es seien gute, richtungsweisende und zukunftsfähige Ansätze, die SAP aufzeige. Aber in vielen Bereichen brauche es noch detailliertere Konzepte und mehr zielführende Informationen, damit die Kunden beim digitalen Wandel vollkommen auf SAP setzen könnten.

Studie-Erhebungsgrundlage:
Im Zeitraum vom 25. Juni 2021 bis 15. Juli 2021 haben 22 Schweizer DSAG-Mitglieder an der Umfrage teilgenommen (DACH: 173). Es handelt sich dabei ausschliesslich um Anwenderunternehmen, in denen jeweils nur eine Person an der Erhebung teilgenommen hat. Es wurden CIOs, CC-Leiter sowie weitere Ansprechpartner befragt. 59 Prozent der Umfrageteilnehmer stammen aus dem produzierenden Gewerbe, 32 Prozent aus Dienstleistung und Handel und neun Prozent aus weiteren Sektoren. 45 Prozent der Teilnehmenden stammen aus Unternehmen zwischen 500 und 2‘499 Mitarbeitenden, 27 Prozent aus Unternehmen mit 5‘000 oder mehr Mitarbeitenden. Bis 499 Mitarbeitende beschäftigen 14 Prozent der Umfrageteilnehmer, der identische Wert wurde für Unternehmen mit 2‘500 bis 4‘999 Mitarbeitende ermittelt.