ISS (© Nasa)

Mit dem Spaceborne Computer-2 (SBC-2) schickt der US-amerikanische IT-Riese Hewlett Packard Enterprise (HPE) seinen zweiten Weltraum-Computer zur ISS. An Bord der Internationalen Raumstation sollen Astronauten und Weltraumforscher die Dauer von Experimenten von Monaten auf Minuten verkürzen können, teilt HPE dazu mit. Die Einsatzfelder reichen demnach von der medizinischen Bildverarbeitung und DNA-Sequenzierung bis hin zur Analyse von Daten aus einer Vielzahl von Sensoren und Satelliten.

Konkret soll der Spaceborne Computer-2 am 20. Februar mit der Frachtmission Cygnus NG-15 zur ISS gebracht und dort in den nächsten zwei bis drei Jahren für Forschungsprojekte eingesetzt werden.

HPE zufolge wird mit dem Spaceborne Computer-2 das Konzept seines Vorgängers weiterentwickelt. Dabei sei getestet woren, ob nur mittels Software gehärtete, handelsübliche Standard-Server den Erschütterungen eines Raketenstarts ins All standhalten und unter Weltraumbedingungen wie Schwerelosigkeit und starker kosmischer Strahlung fehlerfrei funktionieren könnten. Das Projekt ist Teil der Nasa-Mission für bemannte Raumfahrt zum Mond, Mars und darüber hinaus, wo eine zuverlässige Datenverarbeitung und Kommunikation eine entscheidende Voraussetzung ist. Der einjährige Test ist laut Aussendung erfolgreich verlaufen.

Der Spaceborne Computer-2 bietet im Vergleich zum Vorgänger die doppelte Rechenleistung und beruht auf so genannten Edge-Computing-Systemen in Kombination mit handelsüblichen Servern, die auch bei vielen Unternehmen im Einsatz sind. Damit können laut HPE zum Beispiel Satelliten- und Kameradaten in Echtzeit ausgewertet werden. Zur Ausstattung gehören auch Grafikprozessoren (GPUs), um hochauflösende Bilder zu verarbeiten, etwa Aufnahmen von Polkappen auf der Erde oder medizinische Röntgenbilder. Damit sollen auch Projekte mit künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen umgesetzt werden.

Durch die Verfügbarkeit dieser Rechenkapazitäten auf der ISS seien die Astronauten nicht auf Server auf der Erde angewiesen - was als ein wichtiges Kriterium für das Weltraum-Computing angesehen wird, da die Signalübertragung sehr lange dauern kann – zwischen Erde und Mars beispielsweise rund 20 Minuten. Mit dem neuen Weltraum-Computer sollen unter anderem Forschungsprojekte in den folgenden Bereichen durchgeführt werden:
- Echtzeit-Überwachung des Gesundheitszustands der Astronauten durch die Verarbeitung von Röntgenbildern, Sonogrammen und anderen medizinischen Daten.
- Auswertung von Sensordaten: Es gibt Hunderte von Sensoren, die von der Nasa und anderen Organisationen auf der ISS und auf Satelliten angebracht wurden. Sie sammeln riesige Datenmengen, die eine grosse Netzwerkbandbreite benötigen würden, falls sie zur Erde zur Analyse geschickt werden müssten. Mit Hochleistungsrechnern im Weltraum können Forscher Bild- oder Signaldaten bestimmter Szenarien direkt an Bord auswerten, wie zum Beispiel die Verkehrsentwicklung und die Anzahl der Autos auf Strassen und Parkplätzen, die Luftqualität durch Messung der Emissionswerte und anderer Schadstoffe in der Atmosphäre oder auch die Verfolgung von Objekten, die sich im Weltraum und in der Atmosphäre bewegen, von Flugzeugen bis Raketenstarts.

HPEs Edge-Computing-Technologien werden auf der Erde typischerweise in unwirtlichen, abgelegenen Umgebungen eingesetzt, etwa Öl- und Gasraffinerien oder in Fabriken. Spaceborne Computer-2 nutzt das HPE Edgeline Converged EL4000 Edge System, das Erschütterungen und hohen Temperaturen standhalten kann und speziell zur Analyse von grossen Datenmengen verteilter Geräte und Sensoren entwickelt wurde. In Kombination mit dem Server HPE Proliant DL360 wird auch das Höchstleistungsrechnen oder künstliche Intelligenz unterstützt.

In Verbindung mit der Cloud-Plattform Microsoft Azure Space können Forscher weltweit Experimente mit dem Spaceborne Computer-2 durchführen und dabei die Cloud-Kapazität von Microsoft für eine rechenintensive Datenverarbeitung nutzen. Beispiele:
- Modellierung und Vorhersage von Staubstürmen auf der Erde, um zukünftige Vorhersagen auf dem Mars zu verbessern: Staubstürme können den gesamten roten Planeten bedecken und die Leistung der Solarenergieerzeugung verringern, die für die Deckung des Energiebedarfs der Mission entscheidend ist.
- Bewertung des Flüssigkeitsverbrauchs und der Umweltparameter beim Anbau von Pflanzen im Weltraum: Indem Daten aus hydroponischen Prozessen gesammelt und mit grossen Datensätzen auf der Erde verglichen werden, lassen sich die Lebensmittelwissenschaft und Biotechnologie unterstützen.
- Analyse von Blitzschlagmustern, die Waldbrände auslösen: Blitzeinschlagmuster können mit Hilfe grosser Datenmengen von 4K-Videostreaming-Kameras ausgewertet werden, die Blitzeinschläge auf der Erde aufzeichnen.
- Analyse medizinischer Ultraschallbilder auf der ISS zur Unterstützung der medizinischen Versorgung von Astronauten.

Einreichungen für Forschungsvorschläge zum Spaceborne Computer-2 sind ab sofort möglich. Mehr Details gibt es hier!!

Bild: HPE Spaceborne
Bild: HPE Spaceborne