Österreich belegt bei den Glasfaseranschlüssen bis in Haus (FTTH/FTTB - Fibre to the Home/ Fibre to the Building) den traurigen letzten Platz in Europa. Das zeigen die Zahlen, die kürzlich von FTTH Council Europe veröffentlicht wurden. Es gibt allerdings bereits konkrete Aktivitäten, die den Ausbau einer leistungsfähigen Glasfaserinfrastruktur in Österreich beschleunigen, denn derzeit verfügen nur 1,9 Prozent der Haushalte und Betriebe in Österreich über einen direkten Anschluss zum Glasfasernetz.

Die Corona-Krise hat die Notwendigkeit dafür nochmals vergrößert. Einerseits sind die Engpässe bei traditionellen Infrastrukturen sehr klar zu Tage getreten und andererseits will die öffentliche Hand gerade jetzt konjunkturbelebende Maßnahmen setzen, die das Budget möglichst wenig belasten. Hier bieten sich innovative Finanzierungsmodelle für den Glasfaserausbau an. Wo private Investoren in öffentliche Ausbauprojekte einsteigen, entstehen offene Netze, die – ähnlich wie die Infrastruktur für Strom, Gas oder Wasser – langfristig in öffentlicher Hand bleiben. Diese sind die Grundlage dafür, dass auch ländliche Regionen voll von den Vorteilen der Digitalisierung profitieren können. Bei der 3. Finanzierungs-Enquete der Action Group Gigabit Fiber Access (AGGFA), die am Montag, den 8. Juli 2020 stattfindet, werden diese spannenden Entwicklungen diskutiert.

Die Verfügbarkeit von FTTH/FTTB von 1,9 Prozent verweisen Österreich auf den letzten Platz eines internationalen Rankings, das jährlich vom FTTH Council Europe veröffentlicht wird. Am oberen Ende der Skala ist Island mit 65,9 Prozent zu finden. "Viele sehen Glasfaser mittlerweile als Element der Daseinsvorsorge. Wenn wir uns rasch von den wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise erholen wollen, müssen wir die Anstrengungen beim Ausbau im Sinne dieser Daseinsvorsorge verstärken. Die Errichtung offener Netze ist ein wichtiger Beitrag zur Konjunkturbelebung. Gerade in Krisenzeiten ist der kombinierte Einsatz öffentlicher und privater Mittel für den Bau von Glasfaserinfrastruktur bis zu den Gebäuden das Gebot der Stunde. Diese ist die Voraussetzung für die Digitalisierung und damit eine wichtige Grundlage für die Innovationskraft und wirtschaftlichen Erfolg heimischer Unternehmen", sagt Heinz Pabisch, Leiter der Action Group Gigabit Fiber Access (AGGFA) der Computer Measurement Group (CMG).

Österreich bald gigabitfähig

Die Bundesregierung hat das erklärte Ziel, Österreich gigabitfähig zu machen. Die Voraussetzung dafür ist eine Glasfaserinfrastruktur, die sowohl für Anschlüsse im Haus als auch für die Anbindung von Mobilfunkstationen genutzt wird. "Für die Finanzierung des Ausbaus braucht es ein perfektes Zusammenspiel von öffentlicher Hand und privaten Unternehmen. Wo das gegeben ist, können auch Unternehmen und Haushalte in dünn besiedelten Gebieten mit zukunftsfähigen Anschlüssen versorgt werden. Damit wird die Breitbandlücke endlich geschlossen", so Igor Brusic, Vizepräsident von CMG und AGGFA-Netzexperte.

In urbanen Gebieten übernehmen private Anbieter die Errichtung der Infrastruktur. Hier sind die Kosten niedrig und die Einnahmen sorgen für eine Amortisierung der Investitionen in relativ kurzer Zeit. In ländlichen Regionen stellt sich das anders dar. Investoren, die in längeren Zyklen denken, sehen allerdings auch hier attraktive Möglichkeiten. So ist in Niederösterreich mit Allianz Capital Partners (ACP) ein institutioneller Investor in das Glasfaserprojekt eingestiegen, das vom Land Ende 2014 gestartet wurde. Ende 2019 hat man sich mit ACP auf ein Investitionspaket in der Höhe von 300 Millionen Euro geeinigt. Damit werden zusätzlich zu den 35.000 Glasfaseranschlüssen, die im Rahmen von Pilotprojekten gebaut wurden, weitere 100.000 in ländlichen Gemeinden errichtet. Den Ausbau übernimmt die Niederösterreichische Glasfaserinfrastrukturgesellschaft.

In den kommenden drei Jahren entstehen so knapp 300.000 zusätzliche Glasfaseranschlüsse für Haushalte und Betriebe in Österreich. Dafür werden rund 600 Millionen Euro investiert. Es sollte allerdings noch mehr werden. Dabei kommen unterschiedliche Finanzierungsformen in Frage: von Kooperationen mit Investitionspartnern über Kredite oder den Connecting Europe Broadband Fund bis hin zu Förderungen aus regionalen, nationalen und EU-Töpfen.

https://www.ftthcouncil.eu/